Dez 242013
 

Zum Abschluß des Jahres gibt es einen der Klassiker des Offshore Regattasegelns: Rolex Sydney Hobart Yacht Race oder die Antwort auf die Frage: Wie klinke ich mich lässig aus dem Weihnachtsstress aus? Bei uns überlegt man, ob Dank der Hitzewelle zu Weihnachten man nicht doch noch mal ein Boot zum Segeln ins Wasser werfen sollte, in Australien diskutiert man heftig darüber, wer den Seriensieger Wild Oats XI schlagen kann. 13 neue Schiffe sind in diesem Jahr zum ersten Mal am Start des SHYR, aber es wird mit einem Kopf-an-Kopf Rennen zwischen Wild Oats und Perpetual LOYAL um die Line Honours gerechnet.

Wild Oats XI - Rolex Sydney Hobart Yacht Race 2013 - DSS Schwert - Photocopyright: Andrea FrancoliniWOXI wurde für dieses Prestigerennen einer weiteren Modifikation unterzogen: Zusätzlich zu den bereits vorhandenen Unterwasseranhängen bestehend aus Canard, Kippkiel, Steckschwerten und Ruder erhielt das Schiff in den letzten Monaten ein horizontal ausfahrbares Schwert, welches zusätzlichen Auftrieb per DSS Prinzip auf den Downwindgängen abliefern soll.

Wild Oats XI - Rolex Sydney Hobart Yacht Race 2013 - DSS Schwert - Photocopyright: Andrea Francolini
Aber auch in dem Feld der MiniMaxis sind hochinteressante Boote unterwegs, die bei optimalen Bedingungen durchaus eine reelle Chance auf die Line Honours haben. Da ist z.B. die ex GROUPAMA, das Siegerschiff des letzten Volvo Ocean Race, die jetzt unter dem Namen Giacomo mit neuem Eigner unter der Flagge von Neuseeland am Start, zwei weitere VO70 sind ebenfalls auf der Meldeliste für das Rennen.

The brand new Beau Geste leaves Auckland and heads to Sydney. Photo copyright Darren McManaway / LiveSailDie.comBei den Buchmachern für das SHYR wird die neue Beau Geste von Karl Kwok aus Hong Kong als erstzunehmende Alternative zu den beiden Favoriten eingeschätzt. Der 80 Füßer, ein Botin Design, wurde erst vor einem Monat in Neuseeland zu Wasser gelassen, die Überführung nach Australien in der vergangenen Woche hinterließ einen zufriedenen Skipper Gavin Brady. 30 kns Bootspeed und alles an dem Neubau hat gehalten, kein schlechtes Zeichen für das Rennen, dass am 26. Dezember startet.

Dez 222013
 

rufflesblauemoschoeeDie Segelwelt ist international und SailingAnarchy und SA.de haben schon immer über den nationalen Tellerrand geschaut. Regatten führen rund um dem Globus und wir freuen uns, wenn wir Berichte von Anarchisten aus allen Ecken der Erde erhalten. Raoul, ein Urgestein der deutschen Anarchisten, hat es im vorletzten Jahr aus beruflichen Gründen nach Istanbul verschlagen, jetzt haben wir von ihm einen langen Artikel und Bilder zu der Segelszene an Bosporus und Marmarameer erhalten. Vielen Dank an Raoul und Euch viel Spaß beim Lesen:

Die fahren nicht nur so, die segeln auch so. Wild, emotional und mit der Gewissheit, dass eventuelles Regelwerk mehr als ein Ratgeber denn als Gebot verstanden werden muss. Nur, dass beim Segeln die geringere Geschwindigkeit durch noch mehr Nähe ausgeglichen wird. Es sind noch 15 Sekunden bis zum Startschuss. Sükru hat uns unter die gegnerische GP26 platziert und luvt jetzt laut schreiend den Gegner Richtung Linie.

DSC_2857Während beide Steuerleute wild gestikulieren, kann ich mich noch nicht entscheiden, ob ich wirklich meine Füße durch die Reling nach Luv strecken will. Dort, wo gerade noch eine große Lücke war, droht jetzt die gegnerische Bordwand, die immer näher kommt. Zum Glück verstehe ich nur wenig Türkisch, aber nach Ton und Intensität wird zwischen den Booten heftig diskutiert. Sükru verleiht unserem Wegerecht dadurch Nachdruck, dass er unsere Backbordseite beherzt an die Scheuerleiste der 1 Fuß längeren GP26 anschmiegt und mit unserem Bug mehrere Male an die gegnerische Bordwand klopft. PROTEST! Während ich verwundert unter dem Relingsdraht durchschlüpfe, rutscht unser drahtiger Vorschiffsmann vor mir unter dem Seezaun hervor und reißt am Achterstag die rote Flagge aus ihre Hülse. Verdutze Gesichter im anderen Cockpit. Schuss, Knall,Start und nach Sekunden, die sich wie Minuten anfühlen, löst die GP den Kontakt zu unserer Bordwand und beginnt zu kringeln. Es scheint so, als ob wir den Start zur entscheidenden Wettfahrt der Saison gewonnen haben. Den ganzen Sommer haben wir uns mit den Jungs der GP26 duelliert. Noch ist unklar, wer am Ende die Istanbuler Sportbootmeisterschaften gewinnen wird. Diese Wettfahrt soll die Entscheidung bringen. Und die Sterne stehen gut für uns.

DSC_2962-wpUnseren streitbaren Eigner an der Pinne, habe ich vor zwei Jahren kennen gelernt, als mich der deutsche Ableger einer größeren amerikanische Segel-Website bat, ob ich nicht im Zuge eines Forschungsaufenthaltes in Istanbul ein neues Sportboot besichtigen könne. Bei 30 Knoten Wind und 3 Meter Welle ging es damals im späten März hinaus ins wilde Marmarameer. Ich muss zugeben, dass ich ganz froh war, als Boot und Crew nach einem nur kurzen Schlag wieder schnell im Hafen waren. Als sich danach abzeichnete, dass ich beruflich für längere Zeit nach Istanbul ziehen würde, war ich dankbar für den Kontakt und nahm die Einladung für einen weiteren Segelschlag gerne an. Da war mir aber auch noch nicht klar, worauf ich mich eingelassen hatte.

Sükrü Sanus ist der Kopf hinter dem neuen von Farr Yacht Design entworfenen 25-Fuß Sportboot. Sükrü selbst ist begeisterter Segler. Nach einer langen und erfolgreichen Karriere im 470er, die mit der Teilnahme an den olympischen Spielen 1996 in Atlanta gipfelte, folgte er einer bürgerlichen Karriere. Medizinstudium, Pflicht-Praktikum, Facharzt. Das sportliche Segeln trat dabei aber nie in den Hintergrund, nur das Alter forderte Kompromisse. Anstelle eines 470ers war der Istanbuler Arzt auf der Suche nach einer sportlichen, aber altersgerechten Alternative. Auf der Suche nach einem passenden Boot stellte er aber schnell fest, dass alle großen Klassen auf Entwürfe aus den 80ern und 90ern basierten. Selbst die so erfolgreiche Melges 24 beruht auf einem Entwurf von 1992. Nachdem alle Suche nicht befriedigend verlaufen war, schloss sich Sükrü mit zwei weiteren Segelfreunden zusammen und kontaktierte Farr Yacht Design in Annapolis, USA.Gemeinsam entwickelte man die Idee eines zeitgemäßen, modernen Sportbootes: trailerbar, mit 4-5 Personen zu segeln, Gennaker, Carbonmast, Bugsprit, ein breites, offenes Cockpit und eine Kajüte, die auch ein Wachsystem für längere Regatten erlaubt. Dazu Sicherheitskategorie C, die eine Teilnahme an küstennahen Regatten ermöglicht. Am Ende der Planungsphase war die neue Farr25 OneDesign geboren. Was vom Konzept her wie die Weiterentwicklung der ebenfalls von Farr Yacht Design gezeichneten Platu25 anmutet, zeigt sich bei näherer Betrachtung als ein eigenständiges und radikal neues Sportbootkonzept.

DayTestCodeZeroVon den Linien her ist das Boot aber eher eine verkleinerte TP52. Ein über 60 m² großer Gennaker, der am fast 2 Meter langen Bugsprit gefahren wird, beschleunigt das knapp 900kg wiegende Boot auf mehr als 20 Knoten. Im Gegensatz zu vielen aktuellen Sportbooten hat Farr bei dem Design aber besonderen Wert darauf gelegt, dass das Boot auch am Wind eine gute Leistung abliefert. Dafür sorgt unter anderem eine fast 500kg schwere, T-förmige Bleibombe, die an einem aus Carbon gefertigten Kielschwert steckt. Bei mehreren Rennen kam das kleine Sportboot gesegelt vor deutlich größeren Booten aus der 30-35 Fuß-Klasse im Ziel an, auch Dank seiner guten Upwind-Performance. Das Boot wird in Trabzon am Schwarzen Meer in der Werft von Sükrüs Vater in Serie gebaut. Es geht den Eigentümer des Farr 25 Projektes allerdings weniger um den Gewinn aus der Produktion und Verkauf des Segelbootes, vielmehr will mann anderen Seglern ein tolles, durchdachtes Produkt zu einem angemessenen Preis liefern. Daher auch der von Anfang an verfolgte Ansatz und Anspruch, die Farr 25 als One-Design-Klasse zu etablieren.

Akribisch wie eine Olympia-Kampagne hat Sükrü auch den Bau und die Entwicklung des Bootes vorangetrieben. Nur beste Markenprodukte werden bei dem Bau verwendet, so kommt u.a. die Steueranlage von Jefa, dass Carbon-Rigg liefert Southern-Spars, die Beschläge und Winschen sind von Harken. Die Segel werden von North Sails in Dänemark hergestellt. Alle Trimmleinen und Fallen laufen im Cockpit zusammen, Steuermann und Trimmer haben so direkten Zugriff auf alle wichtigen Schoten und können so das Boot bequem und schnell auf Geschwindigkeit halten.

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Die gleiche Akribie wird mir zum Verhängnis, als ich zum zum Training eingeladen werde. Während wir zum ersten Mal gemeinsam aufs Wasser fahren, werde ich mit meinen Mitstreitern bekannt gemacht. Schnell merke ich, dass ich das schwächste Glied in der Kette bin. Unser Vorschiffsmann besteht aus reinen Muskeln, die er an Bord der türkischen TP52 im Med-Cup als Midbow stärkt. Unser Taktiker war Mitglied im türkischen Admirals-Cup Team. Dazu Sükrü am Ruder und ein Segelmacher von Doyle im Pit. Schon bei der ersten Trainingswende lässt mich das Team genau spüren, wie weit ich hinter her hinke. Während der Rest der Mannschaft schon im Draht hängt, ächze ich durch das Cockpit, verheddere mich in den Schoten und reiße zu allem Unglück auch noch die Fockschot aus der Klemme. Sükrü lächelt nur. Als ob er weiß, dass es noch viele Wenden dauern wird, bis ich mit annähernd gleicher Geschwindigkeit wie meine Mitstreiter durch den Draht komme. Annähernd…

Während die GP 26 fluchend und schreiend kringelt, betrachte ich die Welt zufrieden grinsend upside down. „Hike harder!“. Langsam schwindet das Blut aus meinem Kopf. Während ich noch über Beruhigungsmöglichkeiten für meine Blase nachdenke, kommt auch schon die erste Wende. Durch unseren Zweikampf mit der GP26 bevorteilt, hat sich die lokale Melges24 die bessere Seite des Kurses gekrallt. Die Jungs passieren uns mit 3 Bootslängen voraus. Pustekuchen. Vom Rennwert schenken wir uns wenig mit der Melges. Aber leider ist deren Steuermann auch nicht blind. So heißt es hängen, Böenstriche mitnehmen und hoffen, dass wir das eine oder andere Mal besser raus kommen. Die höhere Am-Wind Geschwindigkeit der Farr25 hilft dazu. An der Luvtonne sind wir wieder dran. Hinter uns noch die GP26, die sich durch das Feld wieder heran gekämpft hat. Dann erst einmal lange nichts. Weiter hinten mehrere Platus, Delphia24s und J80s.

DSC_2753Der Türke mag Dreiecke. Bei knapp 20 Knoten fallen wir an der Luvmarke ab auf einen engen Reach. Während unser Segelmacher mit beherzten Zügen den A-3 Gennaker hoch reißt, bricht über uns die GP26 durch. Auf den Reaches sind die Jungs einfach schneller. Müssen sie aber auch vom Rennwert her sein. Aber auch wir brettern jetzt los. Der Kurs geht direkt auf die Hagia-Sophia auf der europäischen Seite zu. Mit 17 Knoten, und jeder Menge Wasser über dem Deck rasen wir im Formationsflug mit der Melges und der GP26 durch das Fahrwasser. Der Bosporus gehört zu den am meisten befahrenen Wasserstraßen der Welt. Ein munteres Gewimmel an Tankern, Kreuzfahrern, Fähren, Ausflugsbooten und sonstiger Schifffahrt. Sofern irgendwelche Ausweichregeln bestehen, erschließen diese sich einem Westeuropäer nur auf den zweiten Blick. Scheinbar gewinnt, wer größer ist, öfters hupt oder länger Kurs hält.

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Beim Ausweichen vor einer Schnellfähre schießt die Melges vor uns in die Sonne. Die GP und wir schaffen es gerade noch durch zu kommen. An der Tonne die entscheidende Halse: Wir sind ein bisschen schneller und kommen vorne raus. Auf dem zweiten Schenkel nun die Frage, ab wann man den Gennaker birgt. Es wird immer spitzer, dazu kommen wir aus der Landabdeckung und der Wind nimmt noch einmal deutlicher zu. Hinter uns legt sich die GP auf die Nase, uns reicht es, wir bergen das Tuch und gehen auf Nummer sicher, der Abstand ist ausreichend groß und reicht uns bis ins Ziel. Wir gewinnen wir nicht nur diesen Lauf, sondern auch die Meisterschaft! Kurz: der perfekte Abschluss für meine erste Segelsaison in Istanbul.

Das war Teil 1 der Geschichte aus dem Orient, Teil 2 folgt zu Weihnachten.

Dez 172013
 

Melges 32 - Photocopyright: Joy DuniganMegles 32 – Photo © Joy Dunigan

Der kostenpflichtige Gebrauchtbootmarkt auf SailingAnarchy.de läuft zum Jahresende auf vollen Touren. Für alle Anhänger der "OneDesign is the only way to go" Überzeugung haben wir seit heute eine wirkliche Ringeltaube im Angebot: Melges32, Bau-Nr. 124, BJ 2006, überkomplett und natürlich klassenkonform ausgerüstet, Standort CH/ Bodensee. Und der Preis? Sehr attraktiv und mehr als nur einen Blick wert!

Dez 152013
 

Kurz vor Weihnachten, die letzten Geschenke sind noch offen und wie jedes Jahr die schwierigste Entscheidung bis zum Schluß aufgeschoben: Was schenke ich mir selbst? Für die, die in diesem Jahr noch immer darüber grübeln, ob sie auch so brav waren, so dass es diesmal etwas größer sein darf, hier die beiden Neuzugänge in unserer kostenpflichtigen Gebrauchtbootrubrik:

Pic 2Soto 40 One Design, eine echte schwarze Perle, ein Regattaboot mit einer anspruchsvollen Regattaserie im Mittelmeer. Topp ausgestattet, professionell gewartet und gepflegt, Platz 3 der europäischen Rangliste 2013. Das Boot macht doch wirklich Lust auf die Weltmeisterschaft der Klasse 2014 in Valencia, nicht wahr?

Oder sollte man doch nicht gar so egoistisch sein, vielleicht etwas mehr an die sportliche Familie denken und deshalb auf der Suche nach einem Racer mit guten Cruising-Eigenschaften? Bitte sehr, am Bodensee wartet eine wirklich sehr gut ausgerüstete Dynamic 35 auf einen neuen Eigner, anschauen lohnt sich in jedem Fall!

Kreuzlingen April 2012

Dez 152013
 

Ein Anarchist, der uns seit vielen Jahren mit Infos aus der deutschen Offshore – Szene versorgt, hat uns einen Bericht von seinem letzten Törn zur Veröffentlichung geschrieben. Die Zutaten für den Trip über den Atlantik im Rahmen des ARC 2013 waren mehr als gut, aber Segeln, und Hochseesegeln im Besondereren, ist mit Unwägbarkeiten behaftet, die das sportlichen Vorhaben mit dem Reiz des Unplanbaren würzen. Vielen Dank an Klaus für seinen Artikel und die Bilder und Euch viel Spaß beim Lesen von seinem ARC Abenteuer:

ARC 2013 - Class 40 - Green - Photocredit: Klaus SchmidtMoin Joachim, wie Du wahrscheinlich ja schon mitbekommen hast, haben wir mit der GREEN das ARC abgebrochen. Alles gut soweit, jeder und alles heil. Die Entscheidung, das Rennen abzubrechen, war diesmal aber komplexer als bei den bisher immer mal wieder vorkommenden Abbrüchen.

Die Wetterlage für das ARC war in diesem Jahr etwas – sagen wir mal – merkwürdig. Da lag (und liegt beim Schreiben des Berichtes noch immer) ein riesiges Tiefdruckgebiet mitten auf dem Weg in die Karibik. Das Tief sorgt dafür, daß der von allen Teilnehmern erwünschte Passatwind diesmal schlicht ausfiel. Daraus ergeben sich eigentlich nur zwei Optionen für den Kurs: Entweder entlang der afrikanischen Küste in Richtung Süd bis zu den Kapverden (und vermutlich noch weiter bis in Äquatornähe) in der Hoffnung, dort so etwas wie Passat zu finden oder eben im Norden versuchen, die östlichen Winde nördlich des Tiefs zu nutzen und es dort zu umfahren.

Die Süd-Option ist zu allem Überfluß auch noch ein paar hundert sm länger, die Erde ist eben doch keine Scheibe… Im Norden versprach es zum einen relativ ungemütlich zu werden, zum anderen war es auch nicht wirklich sicher, daß man um das Tiefdruckgebiet herum kommt. Zumal weiter westlich sich schon ein weiters Tief zu bilden drohte und vor der Ostküste USA zuckte schon das nächste.

Alles in allem nicht die gebuchte Barfuß-Blauwasserroute. Jedenfalls sah es für einen Teil der Crew so aus, daß die ursprünglich flott geplante Atlantiküberquerung länger dauern würde, als es ihre Zeitreserven hergaben. Wir hatten uns zwar kurz für die südliche Route entschieden, diese Option aber verworfen, nachdem wir unterwegs neue Wetterdaten heruntergeladen hatten. Flaute dort unten und anschließend Wind von vorne auf die Nase. Das ist – in Kombination mit dem längeren Weg – einfach alles andere als schnell.

Wir sind deshalb  zum Nachdenken nach El Hierro abgedreht. Und dort zu dem Schluß gekommen, dass es in diesem Jahr wohl nix wird. Jedenfalls für vier von uns. Unsere Vorschiffsfrau und ich kamen dann mit dem Vorschlag: "Na, dann steigt Ihr aus und wir versuchen es doublehanded" – sekundenlanges Schweigen – "Bekommt Ihr das hin"…. "Je, wir denken schon".

ARC 2013 - Class 40 - Green - Photocredit: Klaus SchmidtAlso haben wir 2/3 Crew "bei Wasser & Brot" au der Insel abgesetzt und sind zu zweit dem Feld hinterher gesegelt. Das waren gleich ein paar Premieren auf einmal:

– Erstes Mal Transatlantik
– Erstes Mal doublehanded in der Besetzung
– Erstes Mal doublehanded für beide von uns überhaupt
– und das auf einer Class40

Aus diesen Gründen haben wir uns entschieden, dass Boot nicht allzusehr zu pushen, sondern erstmal, vor allem in der ersten Nacht, eher safe zu segeln. Spi zwei Nummern kleiner als laut Sailchart empfohlen, früher den Spi runter. Aber trotzdem war das Schiff fix unterwegs. Gegen Mittag des zweiten Tages sind wir bei 30 bis 32kt wind mit gerefftem Groß und Solent (a.k.a. Genua) mit deutlich zweistelligen Geschwindigkeiten bis zu Topspeeds von knapp über 18kn durch den Atlantik gesurft. Die Pogo blieb dabei so unfassbar tiefenentspannt, daß wir dabei gemütlich unser Essen schaufeln konnten. "wow.. fährt ja ganz gut…. kann ich noch'n Müsli haben? …. ach schau… 18,1kt… cool…."

Lange Rede, kurzer Sinn, wir sind wieder ganz gut an das Feld rangekommen, berechnet 14. oder so. Jedenfalls in Schlagweite, trotz unseres anfänglichen rumgeeier und der Nacht auf El Hierro. Not bad for doublehanded & Class40 rookies. OK, Lichtjahre von Riechers, Herrmann, Blumencron & Co. entfernt, aber wir haben alles ohne Fuck-Up's hinbekommen und sind noch deutlich Azubis im ersten Lehrjahr… eigentlich sogar eher Praktikanten auf dem Boot und dem Revier.

ARC 2013 - Class 40 - Green - Photocredit: Klaus SchmidtDann kam eine megadunkle Wolkenwand, wir haben den Solent runtergenommen und sind auf die kleine Stagsegelfock (Trinquette genannt) gewechselt, weil wirklich nicht absehbar war, was in dieser Wolke passiert.

Und dann kam die Flaute … kaum hatten wir bei 30kt TWS den Solent unten und die Trinquett sogar gerefft oben, war der Wind schlicht aus. Dafür kamen die Wellen von überall her. Das passte so gar nicht zu unseren GRIB Files und uns paßte das auch nicht.

Gegen Abend stellte ich fest, daß eine der Verbraucherbatterien in die Knie ging und sich beim Versuch, diese per Diesel zu laden, die Ladekontrolle laut und nervig meldete. Auch die Ladespannung verhieß nix Gutes, also ggf. ist die Lichtmaschine hin?

Wo sind wir? Nicht ganz 300sm westlich Las Palmas? An der Problembatterie hängt der Autopilot? Zu zweit 300sm ohne Autopilot… machbar. Anstrengend, aber machbar. Die restlichen mehr als 2.000 sm über den Teich ohne Batterie? Schwierig. Mit der Aussicht, auf einen Totalblackout? Bei der Wettervorhersage? Zu riskant. 10 Minuten lange Gesichter, aber dann der Entschluß: Better safe than sorry… also zurück nach Las Palmas.

Man kann jetzt gut sagen: "Ja, daß hättet ihr ja vor dem Start mal checken können!" Ja, hätten wir. Again what learned, aber ich hab das Schiff im letzten Jahr von Lorient über La Coruna nach Lissabon und von dort vor wenigen Wochen nach Las Palmas gesegelt und die Elektrik und Elektronik an Bord der GREEN war dabei so unfassbar zuverlässig, wie ich es bisher auf keinem anderen Schiff erlebt habe. Da bin ich einfach nicht auf die Idee gekommen, daß es ausgerechnet damit Probleme geben könnte. Passiert mir auch nicht nochmal.

Aber trotz des etwas merkwürdigem Wettfahrtverlauf und dem Abbruch der Atlantiküberquerung hab ich einiges für mich mitgenommen: Unter anderem, daß mit so einem Schiff doublehanded echt Spaß macht!

In diesem Sinne und viele Grüße, Klaus