Sep 142013
 

So viel neue Technik auf einem Haufen begegnet einem sonst hier nur im Slilicon Valley. Dort wird aber nicht aus Containern heraus gearbeitet, um das ganze Zeug schnell und problemlos rund um die Welt schicken zu können. Somit bekommt die LiveLine-/Umpire-/TV-Zentrale des 34. America's Cups etwas merkwürdig Vorläufiges, das in krassem Widerspruch zur Professionalität des Equipments und der Benutzer steht.

AC34_Kabelsalat_P1090363Wie in Neapel: Kabelsalat mit System. (Foto © Judy)

Was eine kleine Reporterschar bei der Führung durch das Gehirn des AC zu sehen bekam, ließ einige Münder offenstehen: Ein integriertes System, das hunderte von Datenkanälen zusammenfasst, die Daten entsprechend ihrer weiteren Nutzung aufbereitet und dann weiterleitet, zu den LiveLine-Jungs rund um Emmy-Gewinner Stan Honey, zu der TV-Crew von Denis Harvey und den Umpires, denen Mike Martin vorsteht.

AC34_LiveLine_P1090332Linien, Punkte, Strudel: LiveLine muss aufpassen, dass es nicht unübersichtlich wird. (Foto © Judy)

Alles begann mit Stan Honeys Idee, bei Regatten Grafiken über das Livebild zu legen, damit auch weniger Segelkundige begreifen, was sie da im Fernsehen eigentlich sehen. Larry Ellison war so begeistert davon, dass er, sobald er AC-Verteidiger wurde, genau dieses System entwickeln ließ und einsetzte. Kaum durchlief es die ersten Testphasen in Auckland und San Francisco, stellte sich heraus, dass es die Bootpositionen auf zwei Zentimeter genau abbilden konnte, so dass nun auch die Umpires Begehrlichkeiten zeigten. Was dazu führte, dass es zwar immer noch pro Teilnehmer ein Umpireboot gibt, die Entscheidungen aus der Auf-dem-Wasser-Perspektive aber von Kollegen auf dem Trockenen verifiziert und vor allem die Richtigkeit bewiesen werden konnten.

AC34_Umpiring_3_P1090338 KopieBerührung oder nicht? Ständige Kommunikation zwichen den Umpirebooten und der Mannschaft im Container minimiert die Fehlerquellen. (Foto © Judy)

Eine nette Fußnote: Für die richtige Programmierung des Systems wurden die Teams nach den genauen Außenmaßen ihrer Boote gefragt. Es herrschte eisiges Schweigen, niemand wollte auch nur ein bisschen der Designdaten preisgeben. Mike Martin, Direktor der Umpires, drohte daraufhin, die vorgegebenen Klassenmaße zu verwenden, was jedoch bei Abweicheungen zu falschen Umpireentscheidungen geführt hätte, die allerdings nie als "falsch" beanstandet hätten werden können. Und ganz plötzlich lagen dem Programmierteam die genauen Maße vor. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…

AC34_TV_Replay_P1090374Multitasking zum Beruf gemacht: Zoe ist für die Replays zuständig. (Foto © Judy)

Auch die Fernseh-/YouTube-Produktion ist Teil des Systems: Drei Hubschrauber, ausgestattet mit Lidar-Gyrokameras sind ständig im Eisatz, sieben Kameras auf vier Video-Kanälen pro Wettbewerbsboot und diverse Kameraboote senden Daten, die verarbeitet werden wollen. Hinzukommt die Aufzeichnung aller Rennen, so dass mittlerweile schon eine Speicherkapazität von 70 Terabyte zur Verfügung steht.

AC34_Terabyte_P1090364Das Gehirn: Server- und Speicherbank von ACTV. (Foto © Judy)

Interessant wird zu sehen, ob sich dieses System im Segelsport und vielleicht auch in anderen Sportarten durchsetzen kann. Es wäre schade, wenn die faszinierende Technologie dem America's Cup vorbehalten wäre, oder mangels Finanzierung wieder verschwinden würde. Ziel der Entwickler ist es nun, eine abgespeckte Version zu entwerfen, die sich auch kleinere Veranstaltungen ohne Milliardär im Rücken leisten können. Wenn man sieht, mit welchem Enthusiasmus Honey, Martin und Harvey von ihrem "Baby" sprechen, kann man nur hoffen, dass ihnen das gelingt.