Dez 032014
 

Die gestrige Pressekonferenz in New York bestätigte das am schlechtesten gehütete Geheimnis der laufenden Vorbereitungen zum 35sten America’s Cup: Austragungsort wird im Juni 2017 das Britische Überseeterritorium Bermuda. Damit ist der Verteidiger Golden Gate Yacht Club (GGYC) der erste, der nicht aus Notwendigkeit, sondern aus freiem Willen den Cup außerhalb seines Heimatlandes verteidigt.

Natürlich freut sich Bermuda, gestern vertreten durch keinen Geringeren als den Premierminister der Insel, Michael Dunkley, über den Zuschlag. Es sei doch ein wunderbares Segelrevier, ein toller Urlaubsort, das Paradies auf Erden.

Ein schönes Segelrevier: Bermuda, Austragungsort des 35sten America’s Cup
Ein schönes Segelrevier: Bermuda, Austragungsort des 35sten America’s Cup (Foto © Bermuda Tourism Authority)

Da mag er wohl Recht haben. Dass GGYC aber mit einer weiteren alten Tradition bricht, den Cup, wenn schon nicht in seinen Heimgewässern, so doch wenigstens im Heimatland zu verteidigen, stößt vielen AC-Fans bitter auf. Die ersten 50 Kommentare auf der AC-Facebookseite sprechen Bände, alle weiteren haben wir nicht mehr gelesen.

Natürlich hatte damals, 2007, die Société Nautique de Genève (SNG) als Verteidiger mit Ernesto Bertarellis Team Alinghi auch nicht die Schweiz und dort z.B. den Genfer See gewählt, sondern war nach Valencia in Spanien "ausgewandert". Was übrigens zu einem der lukrativsten ACs überhaupt geführt hatte – für die teilnehmenden Teams und die austragende Organisation, aber auch, so munkelt man, für die Bertarelli-Familie über Hotel- und Grundstücksgeschäfte. Doch wäre eine Verteidigung im Binnenland Schweiz ebenso schwer mit der Salzwassertradition des AC vereinbar gewesen wie eine Auslagerung. So verband SNG das Nützliche mit dem Angenehmen, und ein Präzedenzfall wurde geschaffen.

Meint man das mit “Bermuda Dreieck”?
Meint man das mit “Bermuda Dreieck”? (Foto © ACEA)

GGYC, der Veranstaltungsorganisator ACEA und das repräsentierende Team des Software-Milliardärs Larry Ellison Oracle Team USA treiben dieses Spiel nun weiter. Obwohl sie fast 20.000 Kilometer Küste an zwei Ozeanen in den USA zur Verfügung haben, hat Bermuda wohl ein Angebot gemacht, dass sie nicht ablehnen konnten. San Diego, auf US-Boden der letzte Mitstreiter um den Austragungsort, zog den Kürzeren. Die für den letzten Cup so heiß angepriesene "beste, größte, fantastischste Windmaschine" San Francisco, Heimatort des Verteidigers, war bereits zu Beginn der Verhandlungen aus dem Rennen. Die Stadtväter wollten lieber Kostenbeiträge für Infrastruktur und Sicherheit erhalten, als selber noch die Austragungsrechte zu bezahlen.

Allgemein scheint bei den Herausfordererteams die Erleichterung zu überwiegen, dass nun endlich ein Ort feststeht. Ein bisschen verloren sah Franck Cammas, Team France, aus, obwohl die Verkündung seines Hauptsponsors angeblich kurz bevor steht. Vielleicht wissen wir mehr nach dem Salon Nautique International de Paris, der am Nikolaustag beginnt. Keiner der Vertreter von Ben Ainslie Racing (GBR), Luna Rossa (ITA), Emirates Team New Zealand (NZL), Team France (FRA) und Artemis Racing (SWE) ließ sich jedoch über den Zustand des jeweiligen Sponsoringstandes aus, doch ist das französische Team mutmaßlich am gefährdetsten, den finanziellen Cut nicht zu schaffen. Da kommt nun erschwerend hinzu, dass die Ortswahl Bermuda für französische Sponsoren wenig geeignet erscheint.

Alle glücklich? Verteidiger-Skipper James Spithill und die Herausforderer
Alle glücklich? Verteidiger-Skipper James Spithill und die Herausforderer (Foto © ACEA/Gilles Martin-Raget)

Emirates Team New Zealand (ETNZ), das ebenso keinen Milliardär im Rücken hat und auf Sponsorengelder angewiesen ist, glaubt, dass Bermuda seine Finanzierung nicht gefährde. Auch wenn einige seiner Sponsoren lieber San Francisco, oder doch wenigstens San Diego gesehen hätten.

Die Details über den AC in Bermuda lassen aber auf eine interessante Veranstaltung hoffen:

Das "America's Cup Village" wird auf dem Royal Naval Dockyard gebaut. Wie schon in Valencia 2007 sollen alle Teams ihre Arbeitsbereiche zentral und beieinander haben. Der Regattakurs befindet sich im Great Sound.

Keine wirkliche Überraschung, aber eine angenehme Bestätigung ist, dass Neuseeland einen großen Teil der Gesamtregatta abhaben möchte. Das könnte bedeuten, dass die Qualifikationsrennen der Herausforderer-Auswahlserie (jetzt: Qualifiers, bisher: Round Robin des Louis Vuitton Cups) in der südlichen Hemisphäre stattfinden werden. Es wird Zeit, auf eine Doppelreise zu sparen: Erst Neuseeland, dann Bermuda. Außer, es finden sich nicht mehr als vier Herausforderer, dann wird nur in Bermuda gesegelt.

Markiert Eure Kalender: So könnte es im Juni 2017 aussehen
Markiert Eure Kalender: So könnte es im Juni 2017 aussehen (Foto © ACEA)

Bis dahin können für Besuche der ACWS, die mit nun doch foilenden AC45s ausgetragen wird, folgende Ferien gebucht werden:

Erster Lauf: 5.-7. Juni 2015
Portsmouth, GBR: 23.-26. Juli 2015
Göteborg, SWE: 28-30. August 2015
Hamilton, Bermuda: 16.-18. Oktober 2015

Ein Austragungsort für 2016 steht auch schon fest: Chicago (USA) in Sommer.

Auch der Youth America's Cup – wieder von Red Bull unterstützt – soll in den kleinen fliegenden Booten gesegelt werden.

Die Drei mit der Kanne: Harvey Schiller (Commercial Commissioner des AC), Russell Coutts (CEO von ACEA) und der Premieminister von Bermuda, Mr. Michael Dunkley
Die Drei mit der Kanne: Harvey Schiller (Commercial Commissioner des AC), Russell Coutts (CEO von ACEA) und der Premieminister von Bermuda, Mr. Michael Dunkley (Foto © ACEA/ Gilles Martin-Raget)

Ein paar Geheimnisse bleiben aber noch: Der Regattadirektor steht zwar schon fest; dass es wie zum 34sten AC Iain Murray sein wird, kann aber erst nach der Beendigung der Einstellungsverhandlungen offiziell vermeldet werden. Auch sind noch zwei weitere Herausforderer in der Warteschleife, die auf Evaluierung warten und in den nächsten Wochen bekanntgegeben werden sollen wie auch die TV-Verträge und wichtige Veranstaltungssponsoren.

So können noch einige Überraschungen auf uns zukommen, bis im Sommer 2017 die 65 Fuß großen Katamarane um die Ehre segeln, eine uralte, hässliche Kanne in den Himmel zu heben. Mal sehen, was sich der Verteidiger bis dahin alles noch so einfallen lässt…

  One Response to “Auf nach Bermuda”

  1. […] der Auslagerung der Regatta vom Heimgewässer des amerikanischen Verteidigers ins britische Bermuda wurde nun die Bootsklasse geändert: Viele Einheitsteile, 14 Fuß kürzer und damit […]