Okt 252014
 

Wer hätt’s gedacht? Vergangenen Mittwochnachmittag wandelte sich das Leichtwindrennen Rolex Middle Sea Race in ein wildes Tohuwabohu, als eine Sturmfromt durch die Flotte blies. Bei Windgeschwindigkeiten bis 60 Knoten kamen von 122 gestarteten Booten bis Samstagnachmittag 50 in Wertung ins Ziel. Die Erste, Esimit Europa 2, war da bereits im maltesischen Marsamxett Harbor, hatte aber mit einer Gesamtzeit von 3 Tagen, 10 Stunden, 42 Minuten und 5 Sekunden Ramblers Rekord von 2007 um fast anderthalb Tage verfehlt.

Dabei wurde es in der dritten Nacht auf See an der Spitze nochmal richtig spannend. Nikklas Zennströms Maxi 72, Rán, segelte sich bei Pantelleria bis auf fünf Seemeilen an Igor Simcics Maxi heran. Diese konnte sich dann aber doch aus dem Windloch befreien, und zum vierten Mal beim RMSR sichtbare Erste sein. Rán gewann zwei Stunden später dann immerhin noch die IRC1-Klasse.

Kämpfte sich bei Flaute zum Stromboli und als Erste ins Ziel: Esimit Europa 2
Kämpfte sich bei Flaute zum Stromboli und als Erste ins Ziel: Esimit Europa 2 (Foto © Rolex/Kurt Arrigo)

In der vierten Nacht kam der Sturm aus Nordwesten und flaute 24 Stunden lang nicht ab. Viele Yachten suchten Schutz an der sizilianischen Küste, nachdem Mastbruch (Teasing Machine), Ruderbruch (Varuna) und andere Zerstörungen ein Weitersegeln zu gefährlich machten. Glücklicherweise wurde kein ernster Schaden an Leib und Leben der Segler gemeldet. Zu den auffälligsten Aufgaben gehörten Mascalzone Latino, Il Moro di Venezia XXVII sowie die deutschen Pogo 1 und Varuna.

„In ihrem natürlichen Habitat: Die Volvo Open 70 Monster Project, ex-Kosatka
In ihrem natürlichen Habitat: Die Volvo Open 70 Monster Project, ex-Kosatka (Foto © Rolex/Kurt Arrigo)

Insgesamt sah es für unsere Landsmänner und -frauen gar nicht so schlecht aus. Hier die, die durchgekommen sind (Gesamtzeit/Platzierung nach IRC): Black Pearl (4 Tage, 4 Stunden, 12 Minuten, 25 Sekunden/24), Sjambok (4 Tage, 10 Stunden, 57 Minute, 15 Sekunden/18), Moana (4 Tage, 13 Stunden, 40 Minuten, 50 Sekunden/30), Iskareen (4 Tage, 20 Stunden, 45 Minuten, 19 Sekunden/21), Best Buddies (5 Tage, 2 Stunden, 54 Minuten, 47 Sekunden/10) und Aquis Granus (5 Tage, 8 Stunden, 16 Minuten, 34 Sekunden/47).

Wieder zu Hause: Artie mit Valetta als Kulisse für die Ankunft als Gesamtsiegerin
Wieder zu Hause: Artie mit Valetta als Kulisse für die Ankunft als Gesamtsiegerin (Foto © Rolex/Kurt Arrigo)

In den frühen Morgenstunden am Donnerstag kam endlich die erste maltesische Yacht und spätere Gesamtsiegerin Artie an, eine J/122. Eigner und Skipper Lee Satariano zeigte sich nach der Zielankunft beeindruckt: „… Noch wichtiger, als zu gewinnen, war die Leistung, bei diesen Bedingungen das Rennen überhaupt beendet zu haben.“ Nun darf er sich über seine zweite Rolex-Uhr nach 2011 freuen – eine tolle Werbung für den Segelsport in Malta.

Okt 192014
 

Mit fünf Zeitlupenstarts wurden die 122 am Rolex Middle Sea Race teilnehmenden Segelyachten am Samstag aus dem Grand Harbour zu Valetta verabschiedet. Wie zu erwarten war liegt Esimit Europa 2 zur Zeit – Sonntagabend – in Führung und hat bereits die Straße vom Messina und den Vulkan Stromboli passiert.

Mit ‘nem Knall aber wenig Wind ging‘s los
Mit ‘nem Knall aber wenig Wind ging‘s los (Foto © Andy)

Gaaaaanz langsam ging’s voran, als die alten Kanonen auf der Saluting Battery mit einem Knall per Gruppe die Boote äußerst stilvoll auf die 608 sm lange Reise schickten. Tausende Zuschauer auf den noch aus Johanniterzeiten stammenden Bastionen und den Zuschauerbooten konnten beobachten, wie beim ersten Start zuerst die westliche Valetta-Seite vom Wind bevorzugt wurde. Das hatte sich die niederländische Yacht Duffy zunutze gemacht und gewann wertvolle Distanz. Dieses Geschick hatten aber nicht alle, und fast die gesamte Gruppe drängelte sich mit gesetztem Spinnaker oder Gennaker in der Mitte des Port Il-Kbir (Malti für Grand Harbour).

„Mein Wind!“, „Nein, mein Wind!!“ - Der Kampf um wenigstens etwas Vortrieb nimmt bizarre Formen an
„Mein Wind!“, „Nein, mein Wind!!“ – Der Kampf um wenigstens etwas Vortrieb nimmt bizarre Formen an (Foto © Andy)

Erst als sie Birgu, die alte Ritterstadt auf einer Landzunge mit Fort St. Angelo an der Spitze passiert hatten, konnte der Xlokk (warmer Südostwind) für ausreichend Vortrieb sorgen, und die Boote gingen, noch immer im Hafen, auf die Kreuz. Nach der Hafenausfahrt wurden sie dann – wie zur Belohnung – von einem Schwarm Delfine begrüßt.

Endlich Wind: Im Hafen auf der Kreuz
Endlich Wind: Im Hafen auf der Kreuz (Foto © Andy)

Auch die vier folgenden Starts hatten unter wenig und veränderlichem Wind zu leiden. In der Haut des Regattadirektors Peter Dimech hätte an diesem Tag wohl niemand stecken mögen, insbesondere wenn die soeben gestarteten Boote auf die immer noch irgendwo stehende vorherige Startgruppe aufliefen. Doch alles erfolgte organisiert, mediterran gelassen und gemäß Zeitplan.

Kurios machte sich Startgruppe 5, die „Großen“, auf den Weg: Hatte die 100 Fuß-Yacht Esimit Europa 2 mit Jochen Schümann am Steuer vorher noch unter vollem Segel die Startstrecke durchmessen, versteckte sie sich zum Kanonenschlag im Dockyard Creek zwischen Isla und Birgu. War es Arroganz, Vorsicht, ein technisches Gebrechen oder mediterrane Mittagsschläfrigkeit, die Schümann veranlasste, sich nicht mit den anderen an der Startlinie zu drängeln, sondern zu warten, bis der Weg frei war?

Schlafmütze oder vorsichtig: Jochen Schümann am Ruder des slowenischen 100-Füßers Esimit Europa 2
Schlafmütze oder vorsichtig: Jochen Schümann am Ruder des slowenischen 100-Füßers Esimit Europa 2 (Foto © Andy)

Kurz nach der Hafenausfahrt jedenfalls hatte er bereits seine Startgruppe überholt und ist nun dabei, das vierte Mal als Erster beim Rolex Middle Sea Race über die Ziellinie zu fahren. Am Sonntagabend sah es jedenfalls nicht so aus, als könnten ihm die Verfolger, Nikklas Zennströms Maxi 72s Ran, Shockwave (Maxi 72, USA, Skipper: George Sakellaris), und dann der Knubbel aus Mascalzone Latino, B2 (TP52, Skipper: Michele Galli mit Francesco de Angelis als Taktiker), der besten Deutschen Black Pearl, Varuna und Cantankerous, einer Cookson 50 mit Gabriele Bruni am Steuer, gefährlich werden. Wer’s verfolgen möchte, hier ist der Trackerlink.

Die Black Pearl auf dem Weg aus dem Hafen
Die Black Pearl auf dem Weg aus dem Hafen (Foto © Andy)

Best Buddies vor dem Siege Bell Memorial, das an den Durchhaltewillen der Malteser im zweiten Weltkrieg erinnert
Best Buddies vor dem Siege Bell Memorial, das an den Durchhaltewillen der Malteser im zweiten Weltkrieg erinnert (Foto © Andy)

Schlaffe Segel vor historischer Kulisse: Aquis Granus (2. v.l.) und Moana (4. v.l.)
Schlaffe Segel vor historischer Kulisse: Aquis Granus (2. v.l.) und Moana (4. v.l.) (Foto © Andy)

Die fünfte Startgruppe – ohne Esimit Europa 2
Die fünfte Startgruppe – ohne Esimit Europa 2 (Foto © Andy)

„Hinterher!!!“ – Die Esimit Europa 2 auf Aufholjagd
„Hinterher!!!“ – Die Esimit Europa 2 auf Aufholjagd (Foto © Andy)

Mehr Fotos, auch von den deutschen Teilnehmern, hier.​

Okt 172014
 

Im Rahmen des Rolex Middle Sea Races gewann am Mittwoch Mascalzone Latino aus Italien das Küstenrennen, gefolgt von der deutschen Black Pearl und den Spaniern auf Balearia.

Die weiteren Deutschen, die am Mittwoch an diesem gerne als Übung für das eigentliche Rolex Middle Sea Race genutzte Rennen teilgenommen haben, landeten auf den Plätzen 9 (Moana), 13 (Iskareen) und 15 (Aquis Granus). Keine schlechten Platzierungen in der 28 Starter umfassenden Flotte.

Beim Start der vierten Startgruppe schon Zweite: Die Black Pearl mit Stefan Jentzsch am Rad, gefolgt von Mascalzone Latino
Beim Start der vierten Startgruppe schon Zweite: Die Black Pearl mit Stefan Jentzsch am Rad, gefolgt von Mascalzone Latino (Foto © Andy)

Bei einer Windgeschwindigkeit von bis zu 23 Knoten wurde das ca. 30 sm lange Rennen vor der altehrwürdigen Kulisse Valettas aus dem Marsamxett Harbour gestartet. Die Runde ging nach Nordwesten, um die kleinste der drei maltesischen Hauptinseln Comino herum, deren St. Mary's Tower in Graf von Monte Christo-Verfilmungen schon öfter als Château d'If herhalten musste. Mit den anderen großen Inseln Gozo und Malta an Steuerbord ging‘s wieder zurück.

Malerische Kulisse: Maltas Hauptstadt Valetta als Hintergrund für den Start der Gruppe 2
Malerische Kulisse: Maltas Hauptstadt Valetta als Hintergrund für den Start der Gruppe 2 (Foto © Andy)

Keine zweieinhalb Stunden benötigte Vincenzo Onorato mit seiner Cookson 50 Mascalzone Latino für diesen Ausflug, Maltaneuling und hervorragende Zweite Black Pearl war 2 Stunden, 33 Minuten und 34 Sekunden unterwegs – 11 Minuten und 18 Sekunden länger als die Italiener. Unter drei Stunden blieb auch Moana, die für den Kieler Yacht Club startet, mit 2 Stunden, 55 Minuten und 24 Sekunden.

Gleich abfallen auf Raumwindkurs nach Comino
Gleich abfallen und auf Raumwindkurs nach Comino (Foto © Andy)

Eine Schrecksekunde hatte die Crew auf Iskareen zu überstehen. Etwas mutig – oder übermütig – setzten sie zur Ausfahrt aus dem Marsamxett Harbour ihr Code Zero, was ihr Boot prompt aus dem Ruder laufen ließ. Trotz des Missgeschicks führten sie ihre Startgruppe weiterhin Richtung Comino.

Nochmal eingefangen: Iskareen mit widerspenstigem Code Zero
Nochmal eingefangen: Iskareen mit widerspenstigem Code Zero (Foto © Andy)

Das Rolex Middle Sea Race startet am Samstag um 11:00 Uhr und wer will, kann es dann bis zum Ende in einer guten Woche auf dem altbekannten Tracker verfolgen.

Mehr Fotos hier.

Okt 132014
 

… das ist das diesjährige Rolex Middle Sea Race. Und die bisher erfolgreichste Ausgabe der Runde vom Grand Harbour zu Valetta, Malta, über Sizilien, Stromboli, Panelleria und Lampedusa zurück nach Marsamxett Harbour.

Klein waren die Anfänge 1967, als der Engländer und Royal Malta Yacht Club-Mitglied Jimmy White seine maltesischen Clubkameraden Paul und John Ripard herausforderte, ein Hochseerennen zu organisieren, nach dem Motto „Das könnt ihr nicht“. Die Herausforderung wurde angenommen, und – unter Mithilfe Whites – die erste Austragung 1968 organisiert. Seitdem wächst das Rennen stetig.

Pressekonferenz mediterran: Schönes Wetter sei auch ein Grund, warum das RMSR so beliebt ist, meinte Reporterkollege Louay Habib
Pressekonferenz mediterran: Schönes Wetter sei auch ein Grund, warum das RMSR so beliebt ist, meint Reporterkollege Louay Habib (Foto © Andy)

Und nun: schnell vorspulen zur 35. Austragung

123 Yachten sind in diesem Jahr genannt, so viele wie nie zuvor zu dieser Regatta. Darunter, wieder einmal, Esimit Europa 2 von Eigner Igor Simcic, Skipper ist wie gehabt Jochen Schümann. Heute brach die Reichel/Pugh-Yacht mit Schwenkkiel vor Trieste, wo sie gerade das Barcolana-Rennen gewonnen hat, in Richtung Malta auf. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dieses Jahr den Rekord von 47 Stunden, 55 Minuten und 3 Sekunden, den George David‘s Rambler 2007 aufgestellt hat, bricht, ist eher gering. Auch wenn Pro Peter Dimench das Wetter mit „Leichtwind aber schnell“ beschreibt und behauptet, der Rekord könne in Gefahr geraten. Gute Chancen hat der 100-Füßer jedoch, wie 2010, 11 und 12 als erster über die Ziellinie im Marsamxett Harbor zu segeln.

Die meisten Siege gehen aber nicht auf‘s slowenische Konto, sondern an Italien, 15 an der Zahl, gefolgt von Malta mit sechs und USA mit vier erfolgreichen Jahren.

Ein italienisches Team ist besonders hervorzuheben: Mascalzone Latino. Vincenzo Onorato höchstselbst wird die Farr-designte Cookson 50 steuern. Wenn’s mit dem America’s Cup nicht klappt, muss man halt die Brötchen backen, die klein genug sind – und trotzdem (oder gerade deshalb) Spaß haben.

Noch sind’s ein paar Tage: Relaxte Vorbereitungen bei Mascalzone Latino und Iskareen
Noch sind’s ein paar Tage: Relaxte Vorbereitungen bei Mascalzone Latino (l) und Iskareen (r) (Foto © Andy)

Aus Deutschland kommen 2014 neun Boote, darunter die Aquis Granus, eine Lutra 52, die vom ASV Aachen an der RWTH eingesetzt wird. Skipper ist Gerhard Henssen.

Stefan Stentzsche ist Skipper der Carkeek 47 Black Pearl, die von einer internationalen Crew gesegelt wird.

Varuna, die Ker 50, die gerade das Sevenstar Round Britain and Ireland Race (IRC-Wertung) gewonnen hat, ist mit ihrem Eigner/Skipper Jens Kellinghusen nach 2012 zum zweiten Mal dabei, sicherlich nicht, um anderen den Vortritt zu lassen.

Interessant wird zu sehen, wie sich die Pogo 1, eine Pogo 40 der Segelschule aus Mönchengladbach, Sailing Island GmbH, mit Heiner Eilers als Skipper schlägt.

Weitere Deutsche: Escapade, X119, Eigner/Skipper: Michael Drettmann; Best Buddies, Swan 441R, Eigner/Skipper: Kay-Johannes Wrede; Sjambok, Reichel/Pugh 48, Eigner/Skipper: Jens Kühne; Moana, Marten 49, Eigner: Dr. Hanno Ziehm, Skipper: Christian Hamma, und last but not least Iskareen, die Tour de France à la Voile M34 von Christiane Dittmers und Sönke Bruhns.

vlnr: John Ripard Sr, Ehrenpräsident RMYC und Mitbegründer des RMSR, Peter Dimech, Vorsitzender des Rennkomitees und PRO, Godwin Zammit, Commodore RMYC, Chris Agius, Staatssekretär für Forschung, Innovation, Jugend und Sport, Louay Habib, Internationale Presse
vlnr: John Ripard Sr, Ehrenpräsident RMYC und Mitbegründer des RMSR, Peter Dimech, Vorsitzender des Rennkomitees und PRO, Godwin Zammit, Commodore RMYC, Chris Agius, Staatssekretär für Forschung, Innovation, Jugend und Sport, Louay Habib, Internationale Presse (Foto © Andy)

Der Grand Harbour stößt an seine Grenzen

Auch logistisch ist das Rolex Middle Sea Race äußerst anspruchsvoll. Zusätzlich zu den clubeigenen Liegeplätzen mussten viele weitere in anderen Marinas rund um die maltesische Hauptstadt angemietet werden, um die Teilnehmerboote, die übrigens aus über 20 Ländern kommen, unterzubringen.

Insbesondere der Start ist heikel: Die Startlinie liegt zwar im „Grand Harbour“, für 123 Boote ist er aber doch nicht so „grand“. Deshalb werden die Boote in fünf, vielleicht auch sieben Startgruppen – je nach Wind – losgeschickt. Organisationsboote zur Zuschauerflottenlenkung und für die Kurssicherheit kommen nicht nur vom Veranstalter, auch „Transport Malta“ (öffentliche Verkehrsbetriebe) und die maltesische Armee helfen mit Personal und Booten. Die öffentliche Unterstützung wird auch und insbesondere sichtbar, wenn der gesamte kommerzielle Verkehr vom Frachthafen am Samstag von 9:00 bis 13:00 zu ruhen hat – damit die Regatta gestartet werden kann. Mit Recht kann der organisierende Yacht Club auf diese gute Zusammenarbeit mit den Behörden stolz sein. Wäre auch schade, wenn dem nicht so wäre, hat sich das Rolex Middle Sea Race im Rahmen der Rolex-Langstreckenrennen mittlerweile etabliert. Und es wächst immer noch, nach 99 Booten um Vorjahr jetzt deutlich über 100. Wenn das Sydney-Hobart nicht noch besser besucht wird, ist das RMSR damit in diesem Jahr der teilnehmerstärkste „Blue Riband“-Event.