Sep 162015
 

SK² - Testsegeln am 10. September 2015 in Berlin auf dem Gemünd vor dem Grunewaldturm. Photo © SailingAnarchy.de 2015Okay, weiter mit dem Testbericht zur SK², dem Kippkielskiff aus England, dass wir vor einer Woche in Berlin auf dem Gemünd unter Segeln ausprobieren durften. Eine Mengen von Leinen, Strecker und Schoten liegen in dem schmalen Cockpit, aber sie verlieren schnell ihren Schrecken, wenn man sich 5 Minuten Zeit nimmt und das Layout des Riggs durchgeht. Wie auf jeder Jolle oder Skiff ist für den Großsegeltrimm der Baumniederholer wichtig, bei der SK² ist dieser als GNAV, also als Baumniederdrücker, angeschlagen, was für die Crew viel Platz unter dem Großbaum läßt. Die Trimmleine wird am Cockpitboden geteilt und mit den Strecker für die Cunnigham an den Seitenwänden des Cockpits zu dem Mittelmann geführt. Die Selbstwendefock ist auf einer Rollanlage montiert, die Belegklemme für den Furler befindet sich auf der Backbordseite kurz vor der Fockschiene, die Fockschot wird auf eine Drehklemme an Steuerbord vor der Wetbox des Kippkiels geführt.

SK² - Testsegeln in Berlin - 09. September 2015Die Trimmleinen des Kippkiels werden von der offenen Wetbox auf eine Mittelkonsole umgelenkt und nach achtern geführt, wo sie in zwei Klemmblöcken belegt werden. Durch Ziehen der Schot wird der Kopf des Kippkiels heruntergezogen und der Kiel mit der Ballastbombe steigt auf der entgegengesetzten Seite in die Höhe. Der knapp 1,30 m tiefgehende Kippkiel kann bis zu 45 Grad aus der Senkrechten angestellt und liefert dann zusätzlich aufrichtendes Moment durch die 73 kg schwere Bleibombe. Die Großschot wird auf einem Podest hinter dem Schwenkklemmen des Kippkiel angeschlagen, auf einen Traveller hat Ignacio Oliva-Velez verzichtet und statt dessen die von Skiffs bekannte Dreieckslösung aus Dyneematau gewählt. Aber genug von den sauberen Detailösungen, dem Carbonmast, -baum und -gennakerpole von Selden, hochwertigen Decksbeschlägen und der vom Büro Owen Clark konstruierten Kippkiellösung, wir wollen wissen, wie die schmale Nadel segelt!

Probeschlag mit der SK² auf dem Gemünd vor der Marina Lanke bei 2-3 Bft., in Böen etwas darüber. Die SK² geht mit ihrem Kippkiel sehr gut an der Kreuz und übertrifft spielend ihre Rumpfgeschwindigkeit. Downwind unter Gennaker wurden bei diesen Windbedingungen in einer Böe mehr als 10kns erreicht.Einen ersten Hinweis auf die Segeleigenschaften der SK² erhielten wir von Volker, der uns auf dem Steg entgegen kam. “Macht süchtig, die Kleine!” waren seine Worte auf die Fragen von Martin und mir, wie das Boot segelt. Nach der Kurzeinweisung ging es mit Ignacio an der Pinne hinaus auf das Gemünd und sofort war alles zu spüren, was man von einem sportlichen Segelboot will: Lebendigkeit, schnelles Anspringen in einer Böe, sofortige Reaktion auf Veränderung im Gewichtstrimm der Crew, unmittelbares Feedback durch den Bootsspeed, wenn mit den Schoten gearbeitet wird.

Probeschlag mit der SK² auf dem Gemünd vor der Marina Lanke bei 2-3 Bft., in Böen etwas darüber. Die SK² geht mit ihrem Kippkiel sehr gut an der Kreuz und übertrifft spielend ihre Rumpfgeschwindigkeit. Downwind unter Gennaker wurden bei diesen Windbedingungen in einer Böe mehr als 10kns erreicht.Dem Cockpit zwar fehlt die Weite eines Sportbootes á la Thompson oder Melges, dafür ist die Crew sofort auf der anderen Seite, wenn eine Wende oder Halse gefahren wird, für 3 Personen kam es mir am Anfang aber etwas eng vor. Nachdem ich spitz bekommen haben, dass die Selbstwendefock in der Wende kaum Aufmerksamkeit erfordert, konnte ich Martin als Mittelmann dann mehr Raum für seinen Bewegungen lassen. Bei 2-3 Bft. an der Kreuz war der Einsatz des Kippkiel nicht nötig, dass Rigg machte aus den 23 m² der gutstehenden Segel von North zwar ordentlich Druck, aber nichts, dass 3 Mann auf der Kante und mit den Füßen in den Hängegurten nicht halten könnten.

Probeschlag mit der SK² auf dem Gemünd vor der Marina Lanke bei 2-3 Bft., in Böen etwas darüber. Die SK² geht mit ihrem Kippkiel sehr gut an der Kreuz und übertrifft spielend ihre Rumpfgeschwindigkeit. Downwind unter Gennaker wurden bei diesen Windbedingungen in einer Böe mehr als 10kns erreicht.Aber wir sind alle älter geworden und der Zuwachs beim Bauchumfang ging bei den meisten nicht in die Muskulatur, also schnell an der gelben Schot gezogen und den Kiel nach Luv gewuchtet. Und siehe da: Der Kippkiel präsentiert sich als die ideale Lösung für den Sportbootsenior! Kaum blitzt die Bombe im Wasser unter der Luvkante, schon senkt sich der Rumpf und der Masttop richtet sich auf. Das Boot wurde schneller, jetzt noch mit der Position der Crew gespielt und schon rannte die SK² mit 6,5 kns auf dem GPS an der Kreuz. In den Böen wurde mit der Großschot gearbeitet, einfach etwas öffnen, um den Druck abzufedern und um das Boot flach zu halten und voila: der Speed geht hoch auf 6,8 kns, was deutlich über der Rumpfgeschwindigkeit liegt.

Probeschlag mit der SK² auf dem Gemünd vor der Marina Lanke bei 2-3 Bft., in Böen etwas darüber. Die SK² geht mit ihrem Kippkiel sehr gut an der Kreuz und übertrifft spielend ihre Rumpfgeschwindigkeit. Downwind unter Gennaker wurden bei diesen Windbedingungen in einer Böe mehr als 10kns erreicht.Nach der Kreuz steht der Gennakergang an: Wie auf moderen Skiffklassen üblich, wird auf der SK² dazu ein 1-Leinen System verwendet, mit gleichzeitig der Gennakerbaum ausgefahren und das 29 m² große Raumsegel hoch zum 7/8 Punkt des Kohlefasermastes gezogen wird. Zum Bergen des Gennaker wird die Leine aus der Klemme auf dem Cockpitboden gelöst und aus dem Fall wird die Bergeleine, die an 2 Punkten durch das Segel geführt und dieses durch die sehr weite “Gennaker-Trompete” unter der gedeckte Vorschiff in einen langen, zum Ende hin schmaler werdenden Segelsack verschwinden läßt, der auf dem Cockpitboden an Backbord befestigt ist. Zum Setzen des Gennaker wurde vor den Wind abgefallen, die Fock einrollen, damit sie bei leichten Wind nicht die Anströmung des Gennaker stört, dann den Kippkiel mittels der beiden Taljen in der Senkrechten fixiert und das Steckschwert vor der Wetbox hochgezogen.

Probeschlag mit der SK² auf dem Gemünd vor der Marina Lanke bei 2-3 Bft., in Böen etwas darüber. Die SK² geht mit ihrem Kippkiel sehr gut an der Kreuz und übertrifft spielend ihre Rumpfgeschwindigkeit. Downwind unter Gennaker wurden bei diesen Windbedingungen in einer Böe mehr als 10kns erreicht.Unter Gennaker kam die SK² sofort zum Gleiten, 7 – 8 Knoten waren bei dem leichten 3er drin, obwohl das Boot mit 3 Mann gesegelt wurde. Nur 230 kg für das segelfertige Boot sind eine gute Grundlage für schnelles Segeln und mit ca. 260 kg auf der Kante war es auch in den wenigen 4er Böen nicht notwendig, dass wir den Kippkiel einsetzten.

Probeschlag mit der SK² auf dem Gemünd vor der Marina Lanke bei 2-3 Bft., in Böen etwas darüber. Die SK² geht mit ihrem Kippkiel sehr gut an der Kreuz und übertrifft spielend ihre Rumpfgeschwindigkeit. Downwind unter Gennaker wurden bei diesen Windbedingungen in einer Böe mehr als 10kns erreicht.In den 4er Böen etwas auf Druck gefahren und der Speedpuck zeigte in der Spitze über 10 kns Bootspeed an! Mal ehrlich, was will man mehr auf dem Wasser an einem der letzten schönen Mittwochabende des Jahres in Berlin? Die SK² hat sich als ein sehr attraktives Sportboot gezeigt, dass aufgrund von Bootsgewicht, Segelfläche und Kippkiel die guten Eigenschaften von einem moderenen Skiff und einem sportlichen Kielboot. Und wer sollte sich das Boot genauer anschauen? Ich denke, dass die SK² ein attraktives Sportboot für die Seglerinnen und Segler ist, die auf der Suche einen kleinen gleitfähigen Kielboot sind, dass sie zu zweit oder zu dritt, also mit kleiner Crew in einer Regatta schnell segeln wollen. Wenn Liegeplätze im Wasser, egal ob im Hafen oder an einer Mooringtonne knapp und teuer sind, lockt die SK² damit, dass ein Landliegeplatz in der Regel einfacher und preiswerter ist und kein Kran benötigt wird, um dass Boot schnell und einfach ins Wasser zu bekommen.

Ingnacio und Roel von Swing Keel Sailing Ltd, die Macher hinter der SK² in am 10.09.2015 im SC Gothia in Berlin.Der Preis, den Roel de Groot und Ignacio Oliva-Velez für das von ihnen scherzhaft auch “Mini VO65” genannte Kielskiff aufrufen, ist mit ca. 35.000 € zwar sportlich, aber angesicht von Bauqualität, Beschlags- und Zubehör angemessen. Das Boot wird jetzt für SK Sailing von AC Marine in England gebaut, eine Werft, die sich ihren guten Ruf u.a. bei der Mitarbeit beim Bau von TP 52, IMOCA 60 und Star Booten erworben hat.

Im diesem Preis ist neben den North Segelsatz ein Straßentrailer mit separatem Trolley enhalten, mit dem das leichte Boot dank des einfach aufzuholenden Kiel und Ruderblatt über jede Slipbahn, ja selbst über den Strand zu Wasser gelassen werden kann. Wenn das Boot beim Wassern wie eine Jolle aufschwimmt, läßt man den Kippkiel mit 2 fest am Mast angeschlagenen Strops ab. Ist der Kiel unten, werden diese Leinen gelöst und die Blöcke der Cantingschoten an dem Kielkopf befestigt, fertig. Soll die SK² gekrant werden, wird der Kranhaken an dem Kopf des Kippkiels befestig und das Boot mit aufgehobenen Kiel ins Wasser gesetzt.

Ach ja, hier noch die Antwort auf die Frage, weshalb das Boot Swing Keel 2 heißt, obwohl sein Kiel doch ein Kippkiel ist. Korrekt wäre also der Name Canting Keel 2 für das Boot, aber ein großer amerikanische Modeschöpfer hatte was gegen die Abkürzung CK2. Und anstatt Geld und Zeit in einen Rechtsstreit zu stecken, haben Roel und Ignacio ihre Energie lieber in die Entwicklung ihres Babys investiert und sind pragmatisch auf den Namen Swing Keel umgeschwenkt.