Aug 082014
 

Anarchist Patrese und sein Team TBS on the FFLOW haben es leider nicht geschafft, mit ihrem Low Budget ORCi Worlds Projekt den Sprung in die Gold Fleet zu schaffen. Ein Grund, ein erstes Resumeé von einer Woche Kiel zu ziehen und es scheint so, als ob der KYC bei allerr Erfahrung und Anstrengung mit einigen kleinen Verbesserung die Stimmung bei einem Großteil der Seglerinnen und Segler hätte steigern können. Hier der Text von Patrese zu den letzten beiden Tagen, wie immer bei SailingAnarchy.de von Seglern für Segler, unzensiert und subjektiv, viele Spaß beim Lesen:

The dark side of the ORCi worlds

Zwei Tage Nachrichtenpause hatten einen sehr simplen Grund: Wir konnten einfach nicht mehr! Die letzten beiden Tage der WM waren ein wenig „fremdgesteuert“, wie wir inzwischen herausgefunden haben.

Eigentlich müßte man als Segler, wenn man die normalen Pressemitteilungen liest, total zufrieden sein.Vorgestern hatten wir 3 Wettfahrten und das Long Offshore 2 , wir sind voll im Plan, was die WM angeht, heute morgen wurden die Gold und Silber Fleet eingeteilt und alles könnte schön sein.
ORCi Worlds Kiel - Jeder bekämpft den Stress anders: Schlafender Yoga Hund - Photo © PatreseDie Wahrheit, wenn man mit den Seglern spricht, sieht aber ein wenig anders aus! Das Auslaufen geht morgens zwischen 8:30 und 9:00 (Start 10 oder 11 Uhr) los, dass heißt für uns immer die Unsicherheit bei der Organisation eines Schleppers, denn die 8 Seemeilen Anfahrt sind mit unserer regelkonformen (um Fragen dazu bereits im Keim zu ersticken) AB Maschinenanlage gar nicht zu schaffen!
ORCi World 2014 Kiel - Schleppersuche - Photo © HuhnWenn der Wecker klingelt, heißt es sich am KLO in der Megaschlange anstellen, um danach bei dem einzigen Laden fürs Frühstück wieder anzustehen. Das sollte spätestens um 7:30 Uhr passieren, da ansonsten der Zeitplan für den gesamten Tag aus dem Ruder läuft. Zur Kieler Woche war der Campingplatz genauso voll und teuer wie jetzt bei der ORCi Worlds, aber da hatte man 3 Toiletten- und Duschcontainer zusätzlich zur Verfügung, was sich in den letzten 25 Jahren Kieler Woche ja auch bewährt hat. Um es deutlich zu sagen: Die Männer haben 6 Klos und 4 Duschen zur Verfügung, zusätzlich gibt es noch 2 Familienbäder mit Klos zusätzlich, die am Anfang der WM noch der ein Geheimtip waren, aber inzwischen kenn den Trick jeder…
ORCi Worlds Kiel - Jeder bekämpft den Stress anders: Hacke - Photo © PatreseBei gut 150 Booten mit 4 (das sind aber nur wir und die Projection 762) bis 16 Teilnehmern, was eher 8-10 Mann und auch ein paar Frauen Besatzung im Durchschnitt  kann sich jeder ausrechnen, dass die hygienischen Bedingungen in etwa der eines kolumbianischen Großknastes entspricht (Keine Ahnung, wo sich Patrese so überall rumtreibt – Ed). Und das liegt nicht an den Serviceleuten, die sich die Finger wund putzen, denn sonst wäre bereit Darwinistische Anarchy im Spa Bereich ausgebrochen. Hat man die Morgentoilette und Entsorgung gemeistert, rennt man zu „Kaufmann Sörensen“ um Brötchen und den täglichen Bedarf zu shoppen. Auch dessen Team arbeitet komplett am Anschlag, aber 3 Leute und 2 Kassen reichen einfach nicht aus, um die 150 – 160 Boote zu versorgen! 

Während der Kieler Woche gibt es einen Brötchenwagen am Campingplatz, der auch schon vor 7:30 bereit ist, Futter und Zubehör auf kurzem Wege zu liefern. Weshalb gibt man dem Mann nicht eine Chance während der WM? Gibt es eine Ausschließlichkeitsklausel für K. Sörensen? BEIDE Probleme habe ich den freundlichen Damen im Race Office bereits am Sonntagmorgen zum „Überdenken“ niederschreiben lassen, leider bis heute ohne Verbesserung.

Das ist jetzt WIRKLICH kein KYC-bashing! Jungs und Mädels, ihr macht hier einen SUPER Job um die ganze WM auf die Spur zu bringen und an der Arbeit auf dem Wasser ist nix, aber auch wirklich nix auszusetzen!  Die Kurse sind perfekt und die Entscheidungen, wann bei welchem Wind gesegelt wird und wann eine Langstrecke abgekürzt wird ist wohl ein Vorbild für jede RC Crew weltweit! Aber was ein wenig in den Hintergrund tritt und das ist das, woran man sich 20 Jahre nach so einer Regatta im Guten wie im Schlechten erinnert, ist die soziale Komponente und der Spaß den man hatte, wenn man wieder an Land ist.

Die Zeitplänen, denen wir hier seit fast einer Woche hinterher hecheln, sind einfach zu ambitioniert und laugen einen komplett aus! Gestern war es 02:30 als wir ins Bett kamen, Dienstag immherhin eine Stunde früher. Mittwoch kamen wir um 19:30 rein, um 20:00 war Skippersmeeting. Ach nein – ein sehr freundlicher Herr hat noch einen wirklich tollen Beitrag mit Vorschau auf die EM 2015 in Estland gehalten….sorry, ich glaube, keiner hat ihm mehr zugehört.

ORCi - all together - Tutima all in white party - Photo © PatreseDann es gab ja noch das Midweek Highlight, die „Tutima all in white Party“, die um 20 Uhr beginnen sollte. Einige wollten dazwischen  nach fast 11 Stunden auf dem Wasser bestimmt noch Duschen und sich umziehen und gelegentlich muß man auch noch was am Boot nach der Wettfahrt schrauben. Egal, das Buffet wurde von einer halb verhungerten Meute gestürmt wie einst die Bastille in Paris ! Allerdings wurde es 2 Minuten später bereots wieder geschlossen, da ja der Chef und die Tutima Girls noch gar nicht da waren, um es offiziell zu eröffenen … Sehr lustig anzusehen, wie ein Einzelner versuchte, einen  Haufen wilder und hungriger Segler von den aufgebauten Futtertrögen zu verjagen. „Team tbs“ hatte wie einen Nullstart hingelegt und saß schmatzend daneben 😉 Als die Party gegen 22:00 in Gang kam und eine SUPER Live Band spielte, waren die ersten bereits mit dem Kopf und Körper in der Koje, denn Start für das Helly Hansen Catwalk Offshore war um 10:00 am Donnerstag und zwar 8 Seemeilen von Schilksee entfernt…
ORCi World 2014 Kiel - Photo © HuhnGestern waren wir gegen 21:00 Uhr im Ziel, welches aber dummerweise in Dänemark lag und weshalb wir noch 3,5 Stunden mit Schlepphilfe zurück brauchten, noch Duschen, Essen und das machten, was halt jeder so Abends macht. Nettes rumstehen und mit den freundlichen Mitseglern nach der Wettfahrt schnacken?? Nicht im Angebot, dafür Skippersmeeting Freitagfrüh, 08:30  (ja nach dem morgendlichn Anstehen, aber ich wiederhole mich)

Heute Morgen haben wir zwar super Sonnenschein, aber keinen Wind, was uns die Möglichkeit gibt unser „Leben wieder zu finden" und diesen Bericht für SA.de zu tippen. Kurz: Es liegt bei Euch zu beurteilen, ob es das alles Wert war, einen Haufen Geld, Zeit, Arbeit und Urlaub in die Vorbereitung für diese Art des Segelns zu stecken. Ich zweifle momentan, aber meistens verdrängt man so etwas bereits nach kurzer Zeit wieder, aber der Gestank im Klo um 7:00 morgens und der Schlafentzug werden wohl bleibende Eindrücke sein.

Ach ja gesegelt sind wir ja auch. Vorgestern bei den 3 Inshores bei toller Seebrise und Hammerwetter mit Sonne wie in Malle waren wir gefühlt viel besser als in den ersten zwei Tagen und bester Stimmung … bis wir auf die Verrechnung schauten und das erste Mal Zweifel an unserer Mission aufkamen. Diese 3 Wettfahrten haben uns im Endeffekt auch knapp aus der Goldfleet geschossen, nachdem wir bei dem Catwalk Race gestern wieder wacker gekämpft und gepunktet haben, da wir diesmal in der Flotte und nicht 9 Stunden lang dahinter gesegelt sind.
ORCi Worlds Kiel 2014 - Zwei ex Sprinta-Sport Europameister in der Afterguard bei der Arbeit - Photo © HuhnEgal 34. ist nicht 30ter und damit wurde der Cut verpasst, den wir in der erste Hälfte der WM noch knapp geschafft hatten. Also geht es ab heute um die goldene Ananas, aber echte Chancen auf den Titel waren wohl auch nicht erwartet worden.

Gestern wollten wir eigentlich noch ein Zeichen setzen und mit Ansage 2:30 vor dem Start mit Steuerbord am Pinnend über das Feld hämmern. Hätte auch geklappt, leider war Trotz bitten, flehen und energischem Raum! rufen gegenüber den nach KVR ausweichpflichtigen zahlreichen  Motorbooten am Pinnend so eng, dass diese nicht dazu zu bewegen waren, uns so viel Raum zu geben, um mit Schwung zu starten und für ein Titelfoto zu sorgen. Fast hätte ich beim Abfallen zwischen dem vor- und zurück eierndem 10m Motordampfer 15 Meter neben dem Pin eben dieses noch gerammt, aber dann war die Fahrt bei 6 Knoten Wind weg, so daß ich knapp 80 Meter die Linie runter anfahren mußte und nicht mehr vor dem 2. Boot durchkam. Seltsamerweise gibt es bei der Kieler Woche (und auch woanders!) einen Bannkreis für Mobos um die Bojen und drastische Strafen, hier sagte man mir, ich müsste als startende Segelyacht gefälligst ausweichen, dass sind doch „Hindernisse“????

Stimmt, waren sie wirklich!