Nov 132017
 

Auch wenn ein großer Teil des Hauptfeldes noch +/-1000sm ( also eine ganze Azoren-Etappe) vor sich hat, läuten die ersten Protos, vorne weg der Dominator der letzten 4 Jahre Ian Lipinski mit nur noch 180sm den Endspurt ein. Er wird wohl nur durch Bruch vor seinem 2. Transat Sieg am ( wenn das Wetter hält) morgigen Tag zu stoppen sein. Was für eine Karriere, wenn man bedenkt, dass er 2012 noch ein absolut Unbekannter war. Gwenole Gahinet, der gerade auf einem starken 2. Platz in der IMOCA Klasse nach Salvador segelt, bekommt offensichtlich Konkurrenz.

Dahinter bahnt sich gerade eine kleine Sensation an. Jörg Riechers hat auf seiner deutlich südlicheren Route den ebenfalls sehr stark segelnden Simon Koster vom 2. Platz für die Etappe und möglicherweise auch der Gesamtwettfahrt gestoßen. Nach dem Husarenstück des Jahres 2011, bei dem Jörg mit einem gespaltenen Kiel auf den 4.Platz in’s Ziel in Salvador ( wohin gerade die Kaffeesegler unterwegs sind ) gehumpelt ist, wäre es ihm zu gönnen, wobei die Vorbereitungszeit arg knapp war. Es ist ein ganz starkes Zeichen auch für das neue Offshore Team Germany, wenn ihm hier der Podiumsplatz gelingt.

Im Serienfeld passiert gerade etwas ähnliches, auch wenn es dem jüngsten Teilnehmer Erwan Le Drauolec (nach 440sm) nicht ganz so einfach fiel, seine Verfolger und hier insbesondere Clarisse Cremer ( jetzt ca 90sm zurück) abzuschütteln. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, ist der erste Sieg einer Frau wohl wieder auf eine der folgenden Ausgaben verschoben. Da Clarisse zeitweise wesentlich langsamer als die Konkurrenz war, dürfte wohl auch hier ein technisches Problem im Spiel sein. Dies erlaubte Tanguy Bouroullec mit einer Jörg-ähnlichen Strategie im Süden von Platz 8 auf Platz 3 und vielleicht auch auf Platz 2 vor zu fahren.

Erwan LE DRAOULEC / Série 895

Wenn man sich das Feld, welches sich über 1300sm verteilt so ansieht, dann ist augenfällig, wie groß der Unterschied zwischen der (nahezu) einsamen Spitze ist sowie all den anderen sehr guten Seglern – denn das muss man schon sein, wenn man Ambitionen auf eine Mittelfeldposition beim Transat hat. Natürlich spielt auch Glück eine Rolle, nicht über ein UFO zu stolpern (Erwan Le Mene 800) oder wegen eines Materialfehlers sein Rigg zu verlieren (Romain 716) oder mitten auf dem Atlantik seine Ruder zu verlieren. Aber es ist auch offensichtlich, dass die Spitze, die sicher auch nicht hindernislos über’s Parcour kommt, es schafft, ihre Schiffe so vorzubereiten, dass es wenig Probleme gibt und die vor allem nicht zu einem starken Einbruch führen.

Romain Bolzinger

Was auch noch in’s Auge fällt – es gibt zwar unter den ersten 10 momentan keine älteren Boote aber unter den folgenden 10 gibt es gleich 5..6 ältere Designs und darunter auch 2 Frauen auf relativ alten P2s. Die Segler machen eben doch den Unterschied, selbst wenn ein P3 unter manchen Bedingungen mehr als 10% schneller sein kann und demzufolge alle Top-10-Aspiranten gleich auf ein modernes Design setzen. Schade, dass Ambrogio ( 539 ) wegen eines gebrochenen Sprits zu den Kapverden zurück kreuzen musste. Er wäre sicher ein Top-10-Aspirant gewesen. So kann man ihn bewundern, wie er das Feld von ganz hinten aufrollt.

Selbiges tut auch ein paar Plätze weiter vorn Andreas Deubel, der nach seinem Zwangsstop ( jaja, die liebe Windanlage) schon fast 30 Plätze aufgeholt hat. Es wäre sicher gut für ihn gewesen, ein paar mehr Trainingsmeilen auf dem Atlantik zu segeln um solchen Problemen vorzubeugen. So liegt er jetzt knapp hinter Lina, die – gemessen an ihren ersten Ergebnissen in der Klasse sowie ihren Möglichkeiten als Studentin – ein sehr gutes Rennen segelt. Noch viel weiter vorn und sogar unter den ersten 20 segelt Oliver Tessloff. Auch wenn er es schon oft schaffte, sich unter den ersten 10 einzureihen – als Deutscher unter den ersten 20 in der Serienklasse zu landen ist eine tolle Leistung und ich wünsche ihm, dass er das auch in’s Ziel segeln kann.

Frank Eckardt