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Am 11. Oktober erhielt ich einen Anruf von Tboat Europe und Jan fragte mich, ob ich kurzfristig eine erfahrene Mannschaft für die nagelneue Thompson T680 Sport zum Senats Preis Regatta am gleichen Wochenende organisieren könnte? Das Boote war erst im Juli fertig geworden und hatte im September die Gorla und die Centomiglia am Gardasee in ihrer Startgruppe gewonnen. Der Senats Preis ist die letzte Regatta für Sportboot Segler in Deutschland und wird von dem Berliner Yacht Club (www.byc-berlin.de) veranstaltet. Beneteau 25, Streamline, H-Boote und Starboote starten als Einheitsklasse, die Sportboote als ein buntgemischtes Feld unterschiedlicher Bootstypen von 6,50 –9,00 m Länge. In diesem Jahr hatten wir wieder ein internationales Teilnehmerfeld mit Seglern aus Deutschland, Dänemark und Polen in Berlin zu Gast. 30 Minuten später konnte ich Jan mitteilen, daß ich eine komplette Mannschaft für das kleine Tboat habe: Thomas, Florian und mich! Thomas hatte entschieden, dass wir unsere Meldung für seine Skippi 650 zurückziehen, die er sich vor 2 Wochen gekauft hatte und wir die Chance nutzen, die weltweit erste T680 Sport bei ihrer Regattapermiere in Deutschland zu segeln.

T680Radim Zizka, seine Tochter und das Boot machten sich am Donnerstag in Prag auf den Weg nach Berlin und trafen nach Mitternacht bei uns im SC Gothia ein. Es bliebt gerade noch etwas Zeit, um mit einem techischen ein Bier zu teilen, über Boote im allgemeinen und die Regatta in wenigen Stunden zu sprechen, dann hauten wir uns in die Kojen im Club, da der erste Start für 14:00 vorgesehen war. Am Morgen trafen Thomas und Florian im Club ein und wir warfen einen ersten Blick auf das Boot, dass wir in den nächsten Tagen segeln würden. Was wir sahen, gefiel uns sehr gut, feine Rumpflinien im Unterwasserschiff, eine hydrodynamisch geformte Bleibombe am Hubkiel, alle Decksbeschläge von Harken, Führung der Gennakerschoten unter Deck, ein perfekt ausschauender Carbonmast aus NZ mit 2 Salingen und eine sehr kleine Spinnakertrompete im Deck des Vorschiffes. Für den Prototype mit der Rumpfnr. #1 wies das Boot bereits eine sehr gute Bauqualität und ein feines Finish der Oberflächen auf.T680 Für 12:00 Uhr war ein Schlepp durch ein Vereinsmotorboot organisiert, also war jetzt keine Zeit mehr zu vergeuden. Mit einem provisorischen Heißstropp wurde das Boot an den Schwenkkran gehängt und ins Wasser gelassen. Dann zum Mastkran verholt und den Carbonmast an Deck gestellt. Für den Masttrim blieb nicht viel Zeit, so überprüften wir nur den Mastfall und stellten ihn entsprechend der Angaben von Jan ein. Jetzt noch die Segel an Bord, eine Flasche Sherry, eine Kleinigkeit zu Essen und ab ging der gemeinsame Schlepp mit der “Ciao” einer Beneteau 25 und der “Rocking Girl”, einer Thompson 750 aus unserem Club.

Während des Schlepp zum Startgebiet entschieden wir, die Spinnakertrompete nicht für das Setzen und Bergen des Gennakers zu verwenden. Also schlugen wir die Schoten und das Fall so an das Segel an, wie wir es von der großen Thompson und meiner kleinen Sympathy 600 kennen. Es hatte sich bewährt, dass das Segel einfach zwischen Unterwant und Mast hindurch zu setzen und hoch ins Mastop und zum Gennakerbaumende zu ziehen. An der Leetonne würden wir dann das ca 70 m2 große Raumsegel mit einer Luvbergung runter nehmen. Okay, noch ein Blick über das große und freie Cockpit zeigte uns nichts, was uns unbekannt war: T680Der Steuermann kümmert sich um Pinne und fährt die Travellerschot, einer fährt die Großschot und die restlichen zwei der Crew kümmern sich an der Kreuz um die Fock und den Gennaker auf den Raumgängen. Sollte also kein Problem für uns sein, dass Boot schnell und sicher über den Kurs zu bringen. Wie sich in den ersten Probeschläge vor dem Start zur Regatta zeigte, hatten wir Recht mit unserer Einschätzung. Das Boot ist wirklich einfach zu segeln, ohne großen Lasten auf den Schoten, das riesige Cockpit ist perfekt für schnelle Crewmanöver, Rollwenden sind so effektiv wie auf einer Jolle und das Beste: Die T680 Sport ist schnell! Schnell am Wind und noch viel schneller unter ihrem großen Gennaker! Und wir konnten sehen, wie die T680 von unseren Freunden auf den anderen Sportbooten aufmerksam gemustert wurde. Am Start hatten sich mittlerweile Boote wie die Melges 24, Hunter 707, Brenta 24, Delphia 24 Sport (Neu, brandheiß und frisch aus Polen), J 80, Helmsman 751, Bull 7000, Beneteau 25, Skippi 650 und J22 eingefunden.

T680Zum Start des ersten Rennens war der Wind gerade mal etwas über 2 Bft., aber recht stetig, für das erste Mal mit einem neuen Boot vielleicht nicht so schlecht. Thomas legte einen guten Start hin und so kamen wir mit Schwung und guter Geschwindigkeit bei Null über die Linie. Während der Startkreuz zog die große Thompson an uns vorbei und davon, so wie ich es von der T750 kenne, wenn sie gegen die noch größere T830 segelt. Eine Delphia 24 überholte uns langsam, aber stetig und wir konnten wenig dagegen tun. Das Schiff fuhr einfach schneller und lief die gleiche Höhe wie wir. Diese Delphia 24 wurden während der gesamten Regatta sehr gut und aufmerksam gesegelt, später erfuhren wir, dass die Crew aus Voll- und Halbprofis besteht, welche von der Werft voll gesponsert werden. Trotz dieser Erfahrung waren wir von der Geschwindigkeit der T680 an der Kreuz beeindruckt, insbesondere wenn man weiß, dass ihr Rumpf gerade mal 6,80 m lang ist. Wir waren in der Lage, bei diesem Wind das Tempo der Melges 24 zu halten und die UFO 22 als auch die Brenta 24 hinter uns zu lassen. T680-gen-melgesAn der Luvtonne setzen wir den Gennaker ohne Probleme, Tom luvte an und das Segel füllte sich. Sofort nahm das Tboat Fahrt auf, ohne dabei viel Schräglage zu produzieren. Bei dem leichten Wind war kein Ausreiten angesagt, der Steuermann saß bequem in Lee. Die erste Halse lief schnell und sauber ab, der Steuermann muß dem Gennakertrimmer aber genug Zeit lassen, um den großen Lappen vor dem Vorstag herum zuziehen, bevor er wieder an den Wind geht. Der Gennaker ist so geschnitten, dass das Vorliek sich schön mit der Schulter zum Wind zieht, gibt man dann noch etwas die Halsleine lose, dreht das Segel noch weiter nach Luv und man kann eine erstaunliche Tiefe fahren. In den folgenden Halsen fanden wir heraus, dass es einfacher ist, wenn die lose Schot durch ein Crewmitglied nach vorne geworfen wird. Es zeigte sich, dass nicht die unter Deck geführten Gennakerschoten die lästige Reibung produzierte, sondern die kleinen Ratchblöcke, welche als Umlenkblöcke der Schoten am Heck befestigt sind. An der Bahnmarke bargen wir den Gennaker wie geplant in Luv und wendeten um sie herum zur nächsten Kreuz. Am Ende diese Schlages fuhren wir in das Feld der Beneteau 25 hinein, die 5 Minuten vor uns gestartet waren – Ich denke, das zeigt, welch guten Bootsspeed die T680 bei dem leichten Wind lief. Wir beendeten das erste Rennen 4 Minuten hinter der siegreichen T750 Rocking Girl, 3 Minuten nach der Delphia 24, aber noch 15 Sekunden vor dem ersten Melges 24 und 4:50 Minuten vor der UFO 22. Ich darf aber alle daran erinnern: T680-trafficDas hier ist Binnensegeln und das heißt: Du machst einen falschen Schlag und Du bist hinten und bleibst hinten!
Der Wind nahm jetzt auf etwa 3 Bft. zu und hofften auf eine weitere Wettfahrt durch die Regattaleitung. Doch leider segelte noch eine einzelne Skippi 650 verlassen und allein gute 30 Minuten hinter ihrer Gruppe her.Angesichts des langsam aber sicher nachlassenden Tageslichtes entschied sich die Wettfahrtleitung, die Rennen für heute zu beenden. Die meisten der Sportboote haben keine Navigationslichter an Bord und die Wasserschutzpolizei in Berlin kassiert für Segeln in der Dämmerung ohne die vorgeschriebene Lichterführung 40 EUR. Ärgerlich, aber immer noch deutlich billiger als eine Kollision mit einem der Lastschiffe, die auf den Berliner Binnenwasserstraßen unterwegs sind.
Auf dem Weg zurück in den Verein übernahm ich auch mal die Pinne, um einen eigenen Eindruck von dem Boot zu bekommen. Die T680 liegt sehr gut auf dem Ruder, der leichte Ruderdruck ermöglichst ein präzises Steuern. Alle Ruderbewegung werden sofort in Richtungsänderungen umgesetzt, ohne dass das Boot dabei nervös reagiert. Das Boot geht gut und hoch an die Kreuz, aber wir denken, das wir noch mehr Höhe laufen würden, wenn der Mast besser eingetrimmt wäre.T680-jib Für den Anfang war es okay, aber hier ist noch deutlich Potential vorhanden. Die Segel auf dem Boot sind von North Sails NZ gefertigt worden und ich denke, sie haben für den allerersten Segelsatz bereits sehr gute Arbeit abgeliefert. Die Fock stand bereits super und liegt schön flach auf dem Deck. Das Großsegel ist noch zu bauchig, aber für den nächsten Tag würden wir eine Cunnigham anbauen, um es besser trimmen zu können. Wir waren uns einig, dass das Großsegel aber mehr Vorbiegung vom Mast benötigt, um noch besser zu stehen. Es sollte für einen Segelmacher auch kein Problem sein, 2-3 cm am Vorliek des Groß raus zunehmen und es so auf die Vorbiegung des korrekt getrimmten Carbonmast zu optimieren.

Am nächsten Tag trafen wir uns zeitig im Club zum Frühstück. Der Wind hatte auf 3-4 Bft., in Böen auch darüber, zugelegt, also genau richtig, um raumschots unter Gennaker ins Gleiten zu kommen. Während die Beneteau 25 und die Streamlines ihren Start-Countdown hatten, trimmten wir das Großsegel mit Cunningham und Unterliekstrecker so flach als möglich. Damit konnten wir das Segelprofil besser als am Vortag eingestellt, aber es war deutlich zu sehen, dass der Mast noch einiges an Feintrimm bedarf.Aber trotzdem war das Boot richtig schnell an der Kreuz und ist nach unserer Meinung dabei steifer als die große T750. Bei 3-4 Bft. reicht es aus, wenn alle 4 auf der Kante sitzen, Ausreiten, gar hartes Hängen ist auf der T680 erst über 4 Bft erforderlich. T680-upwAber unter uns und mal ehrlich: Wollen wir Sportboote segeln oder Folkeboote? Ich jedenfalls war sehr froh, als wir auf der Startkreuz mit gutem Speed im vorderem Drittel der Sportboote mitfuhren. Ein gut getrimmten Mast wären bestimmt für noch ein paar Grad mehr an Höhe gut gewesen, aber was solls. Raumschots surften wir unter Gennaker mit den Melges mit, die Halsen auch bei dem mehr Wind keine Probleme und gingen eher einfacher als bei Leichtwind von der Hand. Unsere Probleme begannen mit dem Anlaufen der Leetonne: Auf einmal Boote mit Wegerecht von allen Seiten, beim Niederholen des Gennaker verhakt sich der Schotknoten an einem der Messingstagreiter der Fock, wir bekommen das Tuch nicht runter und bis alles klariert ist, sind wir weit über die Tonne hinaus gefahren. Als Ergebnis des vergeigten Bergemanövers rutschen uns 3 Boote an der Tonne durch. T680-genAuf der Kreuz entscheiden wir uns für die linke Seite und verpassen einen gewaltigen Winddreher , wieder 2-3 Boote weg. Der folgende Gennakergang war ganz passabel, aber an der Tonne wieder die gleiche Scheiße! Das Tuch bleibt wieder am Vorstag hängen und 2 Boote nutzen die Gelegenheit, um an uns vorbei zu ziehen. Wir beendeten die Wettfahrt 4 Minuten hinter der Profi - Delphia 24 und dem großen Tboat. Okay, die Wettfahrt war mehr als blöde gelaufen, aber wir wußten, wo wir welche Fehler gemacht hatten. Also stellte Thomas die Crew um, Großschot wurde ab jetzt von Radim gefahren und Florian und ich übernahmen den Gennaker, umso die Verständigungsprobleme zu beseitigen. In den folgenden 3 Rennen steigerten wir uns und beendeten die Wettfahrten immer im ersten Drittel des Feldes.
Am Ende des Tages belegten wir auf der vorläufigen Ergebnislisten den 9. Platz von 23 Booten unter ORC-Handicap. Erster war eine J22, die wir während der Wettfahrten nur beim Start gesehen hatten. Aber das Boot hat ein Handicap, mit dem Du eigentlich nur verlieren kannst, wenn Du während der Wettffahrt untergehst (Die 3 anwesenden J22 lagen innerhalb der ersten 8 Plätze!). T680-gen2Der zweite Platz wurde von der Delphia 24 Sport “Makowski “ aus Polen belegt. Die UFO 22 lag auf dem vierten Rang, gefolgt von einer - Richtig: J22! Gefolgt von der Brenta 24, 2 Melges 24 und die letzte J22 vor uns. Das große Tboat lag auf dem 12. Platz vor einer Melges und der Melges mit dem Kippkiel, der J80, der Bull 7000, der Hunter 707, der JS 9000 und den Delphia 24. Ich will jetzt hier nicht über Sinn und Unsinn von Vergütungssystem wie IMS, ORC oder Yardstick anfangen und ja, ich weiß auch, dass Einheitsklasse wie Streamline oder Benetau 25 ihre unbesteitbaren Vorteile haben. Aber nicht jeder Segler liebt die Beneteau 25, ein Starboot, H-Boot oder gar ein Folkeboot – ich habe lieber meinen Spaß beim Schnellsegeln in Gleitfahrt und nehme dann die Nachteile eines Handicapsystem zähneknirschend in Kauf.

T680-craneAm Sonntag kam leider keinen Wind mehr auf, der eine faire Wettfahrt erlaubt hätte. Nach 3 Stunden des Wartens einschließlich einer kurzen Geschwaderfahrt hatte die Wettfahrtleitung dann ein Erbarmen mit uns und beendete die Regatta. Während des Schlepp zurück verstauten wir die Segel und bereiteten das Boot für ein schnelles Verpacken vor. Etwa 90 Minuten später stand das Boot nach Mastlegen, Hubkiel aufholen, kranen und abspülen der Algenplage wieder dem Trailer. In der Messe des SC Gothia zogen wir bei einem Bier unser Resümee: Die Thompson 680 Sport ist für ihre Größe sehr schnell, selbst bei wenig Wind rennt die Kiste bereits richtig los. Unter Gennaker ist Gleitfahrt ab 3 Bft. kein Problem, richtig Spaß macht es dann über 4 Bft. Das Boot ist dabei einfach zu segeln, die Lasten auf den Schoten sind immer von einem Segler auch ohne Winschen zu bewältigen. Bis 3-4 Windstärken sollte man das Boot auch mit einer 3er Crew nach etwas Übung sicher beherrschen können, über 4 Bft ist ein vierter Mann an Bord herzlich willkommen.T680-fun Das Finish von dem Prototyp ist bereits sehr gut, man sieht und merkt deutlich die große Verbesserung der Qualität beim Bauen durch die Verwendung einer Form. Natürlich sind noch einige Dinge an dem Boot zu verbessern, aber das sind eher Kleinigkeiten und haben nichts mit dem Design an sich zu tun. So sollte z.B. die Gennakertrompete aus dem Vordeck verschwinden, es ist sehr viel einfacher, den Gennaker aus einem großen Sack aus dem Cockpit heraus zu setzen. Einige Klemmen sollten ebenfalls versetzt werden, Dinge also, die man nach einigen Regattenwochenenden bemerkt und dann verändert, um Manöver schneller und einfacher zu fahren. Kurz und gut, wir waren mit der Thompson 680 Sport sehr zufrieden und haben eine Menge Spaß mit dem Boot am Wochenende gehabt.

Der Preis für das Boot liegt bei ca. 23.000 EUR netto inkl. Carbonmast, aber ohne Segel ab Werft in Prag. Ich denke, das ist ein angemessener Preis für ein Boot, das gut gebaut wird, schnell segelte und einen Haufen Spaß macht. Wer die Boote der Konkurrenz in dem Segment der Sportboote um die 7 Meter kennt und ein Boot sucht, dass zum Segeln keine große Crew benötigt, dabei von jedem Auto ab der Golfklasse aufwärts gezogen werden kann, schnell und einfach per Heißstrop zu kranen ist, dem kann ich nur raten, sich die Thompson 680 Sport mal genauer anzuschauen. Und am besten macht ihr mit Radim so schnell wie möglich unter www.bukvaj.com einen Termin fürs Probesegeln im nächsten Frühjahr schon jetzt fest.

Joachim Rieken
25.10.2006

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