SA-Original
[Start] [Forum] [Was ist Sailing Anarchy?] [Impressum] [Archiv]

So wird es gemacht ...

T780i-CH; Photocopyright: Raphael Näf
Photocopyright: Raphael Näf

17.08.2007 - In den 70, 80er war das der Titel einer Buchreihe für Kerle, die Spaß an Öl unter den Fingernägeln haben und es lieben, kleine & große Reparaturen an ihren Blechkisten selbst zu erledigen. Beim Bootsbau hat dieses Motto nicht ganz so viele Freunde wie unter den Autobesitzern. Aber viele von uns haben schon mal ernsthaft über einen Selbstbau nachgedacht. “Kann doch nicht so schwer sein, aus etwas Holz, Matte, Polyester- oder Epoxiharz einem schnellen Rumpf zu bauen.” Oft geht es mit dem Besorgen von Bauplänen weiter und spätestens dann wird es gefährlich. Wenn man klug ist, schätzt man nach dem Studium der Pläne seine handwerklichen Fähigkeiten, die Verfügbarkeit einer für den Bau geeigneten Behausung, den Kosten für das Material und den Zeitaufwandes sowie die Belastbarkeit der  Ehe richtig ein. Die meisten sagen dann traurig, aber zu Recht: ”Okay, Schade, aber ich lass es sein und spare mir die Zeit, das Geld und den Ärger!.” Und von denen, die sich doch an die Aufgabe heran trauen, müssen etliche leider schmerzhaft erleben, dass sie ihre Fähigkeiten allzu optimistisch eingeschätzt haben. Irgendwann tauchen diese gescheiterten Anläufe aus dem Orkus der Bastelgeschichte wieder auf und landen in Ebay oder hier.

T780i - Zeichnung, Copyright: TBoat.com
Copyright: TBoat.com

Ein Projekt, dass auf keinen Fall so enden wird, entsteht gerade in der Schweiz. Die Familie Näf hat bereits von 18 Jahren ihren ersten Selbstbau gemeistert und ein Tom Wylie Design in Holzbauweise erstellt. Das Boot ist noch immer gut auf der Regattabahn unterwegs, u.a. weil es permanent optimiert wurde und heute mit einem selbstgebauten Carbonrigg über den Zugersee segelt.

Tom Whylie - Zurichsee
Photocopyright: gerig-grafik-design@tic.ch

Als sanften Übergang in das Pensionärsdasein hat sich Vater Näf für den Bau eines weiteren Segelbootes entschieden. Da der Neubau  das bewährte Boot aber nicht  ersetzen soll, kam nach einigen Überlegungen nur ein betont sportlicher Dayracer als Objekt der Begierde in Frage. Raphael Näf (aka Anarchist Swiss T780) war so nett und hat mich mit Hintergrundinfo und Bildern zu ihrem Bauvorhaben versorgt, dafür ganz herzlichen Dank.

SA: Weshalb habt Ihr Euch für die T780 entschieden?
RN: Die Designs von Steve Thompson kannten wir schon länger, u.a. durch die in Tschechien gebauten T750 und T830 als auch durch die Infos auf SailingAnarchy.com. Thompson ist einer der wenigen Designer, der sich explizit an den Amateur-Bootsbauer wendet. Und das seine Schiffe schnell sind und auch noch gut aussehen, hat er ja längst bewiesen. Liebäugelten wir in 2004 noch mit der Thompson T8sc, schwenkten wir kurz entschlossen auf die T780 um, als davon die ersten Skizzen auftauchten. Mit ihren Abmessungen ist das Boot für uns ideal, es paßt in unseren Hafenplatz hinein und mit 2,50 m Breite ist auch das Trailern kein Problem. Aber auch der niedrige Bootgewicht war ein Grund für die Auswahl, da unser Haussee eher ein Leichtwindrevier ist.

SA: Auf der Skizze sitzen nur 3 Mann auf dem Boot. Ist die Crewgröße für Euch ein Thema gewesen?
RN: Nein,  irgendjemand muss ja noch an den Schoten ziehen und beim Einpacken des Gennakers bei mehr Wind freut man sich über jede zusätzliche Hand. Ich sehe den Kippkiel eher als Ergänzung zur normalen Crewgrösse als einen Ersatz für Mitsegler. Interessant wird es bei wenig Wind sein, den wir leider oft auf unserem See haben. Da kann der Kippkiel und eine Dreiercrew eine schnelle und spannende Geschichte sein.

SA: Ist die T780 eine Weiterentwicklung der T750?
RN: Ja, deren Rumpflinien wurden überarbeitet, aber der größte Unterschied zu dem Vorgänger sind die Unterwasseranhänge: Kippkiel und ein drehbarer Canard! Das sind spannende technische Herausforderungen und die Zeichnungen von Steve ließen einigen Spielraum zu ...

SA: Hab Ihr vor, eine Serie von diesem Sportboot aufzulegen?
RN: Eine Serie ist nicht geplant. Wir haben uns für die von Thompson empfohlene Bautechnik für Einzelbauten entschieden: der Rumpf wird in einer Negativform aufgebaut und erst innen und dann außen laminiert. Natürlich werden die Spanten für ein weiteres Projekt bereitstehen.

SA: Wo baut ihr das Boot?
RN: Mit der Finne für den Kippkiel, Canard und Ruderblatt sind wir bereits fertig. Diese Bauteile konnten wir zu Hause in unserer Werkstatt anfertigen. Schwierig war es, in Zug einen geeigneten Ort für den Bau des Rumpfes zu finden. Wir sind froh, dass wir  vor einigen Wochen einen Arbeitsraum für 6 Monate anmieten konnten. Da uns der Arbeitsraum leider erst mal nur befristet zur Verfügung steht, wollen wir in den nächsten Monaten zuerst den Rumpf komplett fertig stellen. Als nächstes kommt dann das Deck dran.

CH-T780i-Foils, Photocopyright: Raphael Näf
Photocopyright: Raphael Näf

SA: Wie weit seit Ihr mit dem Bau aktuell?
RN: Die Mallen sind gestellt und ausgerichtet, dass Leistengerüst des Rumpfes ist in den Mallen fixiert und die erste Schaumplatten sind jetzt in die Form eingepaßt! Für alle Interessierten haben ich eine Website eingerichtet, auf der der Bau verfolgt werden kann. Einfach draufklicken und reinschauen, wir freuen uns über ein Feedback zu unserem Baufortschritt.

T780-CH-Kippkiellager
Photocopyright: Raphael Näf

SA: Ich habe mir die Site angeschaut und bin bass erstaunt, wie professionell und sauber das alles aussieht. Richtig gestaunt habe ich über die Carbonteile für die Finne des Kippkieles! Habt ihr keine Edelstahlstangen in der Finne integriert, welche die Kielbombe halten sollen?
RN: Danke für das Lob, ich gebe es gerne an meinen Vater weiter, der das Boot zum größten Teil alleine baut. Ja, auf die Edelstahlstangen haben wir verzichtet und einen Tragholm aus Carbon in die Finne zur Lastaufnahme eingebaut. Der Carbonholm sollte die Last ohne Probleme aufnehmen können, da die Ballastbombe nur 280 kg wiegt und deutlich leichter als die Bombe der T750 ist.

SA: Raphael, Danke für die Infos und viel Erfolg bei Eurem Selbstbau. Ich hoffe, wir erhalten von Dir sofort Bilder, wenn Eurer Boot zum ersten Mal schwimmt.
RN: Gerne, ich würde mich freuen, wenn noch mehr T780 auf das Wasser kommen würden, deshalb stehen wir für Fragen gerne zur Verfügung.

 

[Start] [Forum] [Archiv] [Was ist Sailing Anarchy?] [Impressum]
SA-Original