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Der Sohn des Drachen zeigt seine Flügel

Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts
Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts

05.03.2009 - Ende Februar hatte wir einen Bericht zu der ersten Klassenregatta der Longtze Premier im Rahmen des Primo Cup vor Monaco angekündigt. Hier ist er nun und ich bedanke mich ganz herzlich bei Anarchist Umpire für seinen Einsatz an Pinne und Tastatur und wünsche Euch viel Spaß beim Lesen.

Wer Mitte Februar im europäischen Winter segeln will, der hat mehrere Möglichkeiten. Zum Beispiel zwängt man sich in 20 mm Neo und turnt auf nen Laser rum bis man aufs Klo muss oder investiert einen Haufen Geld in einen Eissegler, mit dem man anschließend Familien und Wochenendurlaubern nebst Bratwurstständen auf zugefrorenen Seen ausweicht. Oder man setzt sich ins Auto, hängt gemeinsam mit der Crew das Sportboot hinten dran und überquert die Alpen nach Süden, biegt bei Milano rechts ab und dann immer schön geradeaus bis zu den Grimaldis, wo für die Frühjahrssegler der Primo Cup beim Yacht Club de Monaco stattfindet.

Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts
Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts

Wie den meisten aufmerksamen Segelsportinteressierten bekannt, gab es beim Primo Cup in dieses Jahr gleich zwei Premieren im Sportbootbereich: Am ersten Wochenende die Audi Melges 20, bei dem sämtliche 9 teilnehmenden Boote aus dem Land von Pasta und Pizza angereist kamen. Am zweiten PrimoCup-WE folgte der ersten Auftritt der Longtze Premier als Einheitsklasse, bei der von 12 gemeldete Boote letztendlich 11 Teams in die erste Regatta zu dem von Lufthansa France gesponsorten Europacup starteten. Wir waren mit 3 Booten vom Bodensee am Start, der Schweizer ex-Starboot Olympionike Res Bienz, NorthSails-Segelmacher Eckhard Kaller und meine Wenigkeit samt den dazugehörigen Crewmitgliedern. Und soviel vorweg, nach genauerer Betrachtung der Meldeliste inklusive googlen der konkurrierenden Steuerleute war meine Zielsetzung: Nicht Letzter werden! Was angesichts der Olympiamedaillisten und Figaro - Päpste in der Longtze - Klasse bereits eine anspruchsvolle Aufgabe war.

Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts
Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts

Neben den Longtzes waren mit auf der Regattabahn J24, Laser SB3, Mumm 30, Beneteau 25 Melges 32 und einige wenige GP42. Am ersten Wettfahrttag ging es laut Zeitplan um 10 Uhr los, wir waren auch zeitig draußen, doch außer einer zweieinhalb Meter-Schaukeldünung war da nichts, weder Wind noch Startschiff. Aber beides kam. Zuerst die Kollegen von der WF und dann auch der Wind, zuerst fromm mit 15 kn und später etwas kräftiger mit teilweise 30 kns. Bis das Prozedere los ging, hatten alle Boote die G2 drauf und der angenehm lauwarme Südwind blies mit einigermaßen konstanten 20kn bei strahlendem Sonnenschein. Also J24 zukucken, Laser SB3 zukucken, selber starten und sehen, was das Boot bei Wind und Welle kann.

Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts
Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts

Zugegeben: Anfangs schien es etwas zäh auf der Kreuz, der Grund hierfür war allerdings meine mangelnde Wellen - Erfahrung als Bodenseesegler. Die Franzosen waren etwas schneller an Tonne 1, Geni hoch und los ging es mit einer beeindruckenden Downwindperformance zum Leefass. Man kann über mit Gennaker runterrutschen sagen was man will, klar machts immer mehr Spass, klar ist Schussfahren schöner als liften, aber mit der Longtze war das Ganze ein echtes Highlight: Das Schiff lässt sich bergab locker & easy kontrollieren, ohne das man Angst haben müsste, die Kiste schmiert gleich ab, wenn man nicht aufpasst oder gräbt sich vorne ein. Einfach Böen abwarten und Welle runterfahren, wie vorher mit dem Hänger und Tempo 130 km die Alpen LKWs überholen, so ähnlich sah es beim Vorbeifahren an den Italo-Mumm 30 aus.

Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts
Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts

Wovon ich bei den diesen Bedingungen mehr erwartet hätte, war der Laser SB3. Trotz des deutlich schmaleren Hinterns kamen die bergauf in der Welle schlechter vorwärts als die chinesischen Frühlingsrollen. Bergab reichte bei uns Groß und Fock locker aus, um neben dem SB3 unter Gennaker herzufahren, ein breiter Arsch ist eben von Vorteil.
An Tag 2 kamen wir mit der Welle bei etwas weniger Wind (ca. 15kn) schon ein gutes Stück besser zurecht. Zwar immer noch nicht so gut wie die Franzosen, aber immerhin schon zu der Erkenntnis, wie das Boot Up sowie Down gesegelt werden will: Aufrecht! Ein Mittelweg aus Druck aus dem Groß nehmen und dadurch weniger Höhe, weil das Vorstag durchhängt „wie Harry“.

Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts
Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts

Mit diesen hart erarbeiteten Weisheiten schon angereist waren die Jungs am anderen Ende der Ergebnisliste, allen voran der überragende Nicolas Berenger auf Kone Monospace, gefolgt vom „Klassenpapa“ Luc Gelluseau auf Lufthansa vor Guillaume Florent. Am letzten Tag gelang Eckhard Kaller mit Sven Niklaus, Theresa Zeiser und Sebastian Reischl an Bord bei ähnlichen Bedingungen wie am zweiten Tag noch ein Sieg im letzten Lauf und damit verdrängte er Florent von Stufe 3 des Siegertreppchens in dieser sehr anspruchsvoll Sportbootklasse. Wir haben unser Ziel entsprechend unserer Vorgabe erreicht, mehr als ein Platz 1 im Rennen um den Kran war leider nicht drin und den verdanken wir unserem 2,5 PS Honda-Rührfix.

Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts
Longtze Premier - Primo Cup 2009 - Photocredit: Longtze Yachts

Fazit: Die Teilnahme beim Primo Cup hat sich definitiv gelohnt. Einmal,  weil die Regatta zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort statt fand. Um diese Jahreszeit ist man in der Regel sonst noch mit dem Studium von Knoten- und Spleissanleitungen beschäftigt oder man schaut mal ins neue Regelbuch. In Monaco gab es zur selben Zeit schönes Segelwetter mit Temperaturen, die man hierzulande teils im Mai noch vergeblich sucht und vor der Kulisse des Königreichs Grimaldihausen, dass von der Meerseite aber eher ausschaut wie Jena-Lobeda, wem das was sagt ...  Zum Anderen macht die Longtze Premier auch gerade bei Nichtbodenseebedingungen jede Menge Spass. Soviel Spass sogar, dass wir es trotz unseres desolaten Ergebnisses kaum abwarten können mit der Frühlingsrolle wieder an der Start zu kommen. Und noch eine letzte Zahl für die Chinaqualität- und Materialskeptiker: Die Anzahl der notwendigen Reparaturen bei 11 Booten in 7 Wettfahrten an 3 Tagen bei bis zu 30 kn Wind: 0-Nadazero.

 

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