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Am 04.11.2006 hatten wir anläßlich des Berlin Match Race die Gelegenheit zu einem Interview mit Mitgliedern des deutschen Americas Cup Syndikates United Internet Team Germany. Angeführt wurde UITG von Michael Scheeren, der als Leiter an der Spitze des deutschen AC Teams steht. Der Einladung von UITG, das Match Race von Bord eines Motorschiffes zu verfolgen, hatte auch Rolf Bähr, Präsident des Deutschen Segler-Verbandes und Mitglied des ausrichtenden Vereines VSaW, angenommen. Leider konnte er und die anderen Gäste das Team von UITG mit Michael Haestbaek als Skipper sowie Matti Paschen und Jean-Marie Dauris nicht mehr auf dem Wasser erleben. Bereits am Vorabend war klar, das Haestbaek und seine Crew nicht in das Round Robin 3 einziehen würde: Nach seinem Auftaktsieg gegen den Russen Neugodnikow folgten die Niederlagen gegen den Franzosen Presti und den Dänen Jes Gram-Hansen. Wir nutzten die Gelegenheit zu einem Interview mit dem Team an Bord der MS Schildhorn.
SA: Im Vorjahr im Großen Finale und dort erst gegen Jochen Schümann verloren, diesmal bereits am Freitag das Aus – Woran hat es gelegen? Matti Paschen: Der Wind war gestern sehr launisch und nicht so stabil wie heute. Bei den häufigen Drehern war es notwendig, die Starts zu gewinnen und das ist uns einfach nicht oft genug gelungen. SA: Gibt es das noch auf diesem Segelniveau – ein schlechter Start? M.P.: Wenn nur zwei Boot im Rennen sind, können zwar beide gut starten, aber nur einer wird beim Start vorne sein und damit den Vorteil für sich haben. Wir hatten in den letzten 20-30 Sekunden vor dem Start nicht den optimalen Speed aus den H-Booten herausholen können, es fehlte das letzte bißchen Druck im Schiff. Und wenn Du auf diesen kurzen Up-and-Down Schenkeln erst einmal hinten bist, wird es sehr schwer, wieder an dem Führenden vorbei zu ziehen. SA: Wen sieht Du in den Halbfinalläufen des BMR? M.P.: Jochen Schümann legt eine sehr gute Serie hin, aber auch Markus Wieser segelt stark. Wer neben den beiden noch ins Halbfinale kommt, werden die jetzt laufenden Matches bringen. SA: Du bist selbst lange Jahre gemeinsam mit Markus Wieser Match Race gesegelt. Was sagst Du zu seiner beeindruckenden Vorstellung hier? M.P.: Markus ist in diesem Jahr sehr gut gesegelt, aber er nimmt er zum ersten Mal in diesem Jahr wieder am einem Match Race teil. Und er zeigt allen, dass er nichts verlernt hat. Wahrscheinlich hat Markus die größte Erfahrung von allen Teilnehmer, wenn es um das H-Boot geht; auf dem Schiff macht ihm keiner was vor. Und Windverhältnisse wie gestern und heute, die liegen ihm einfach. Sein Bauchgefühl ist phänomenal – man denkt, er weiß genau, dass der Wind auf den nächsten 20-30 Metern kippen wird und er den richtigen Dreher bekommt. SA: Sechs der 12 Teams hier sind Teil eines AC-Sysdikates. Bringen Veranstaltungen wie dieses mit den doch eher kleinen Booten überhaupt etwas für diese Teams? Jean-Marie Dauris: Jedes Match Race ist für uns ein Training unter Wettkampfbedingungen. Diese Dichte von Entscheidungen, dieses schnelle Einstellen müssen auf sich verändernde Situationen beim Segeln, dass ist es, was wir auch in Berlin für den Americas Cup trainieren können. Die Erfahrungen, die wir dabei sammeln, sind für die Rennen mit den großen Cuppern wichtig und eine große Hilfe für das Taktikteam um den Steuermann. SA: Jesper Bank ist diesmal nicht in Berlin – Weshalb nicht? Michael Scheeren: Jasper war Ende Oktober mit 5 Seglern aus dem Team in San Francisco zum “Allianz Cup”. Erst im Halbfinale dieses Match Race unterlag Jesper gegen Ed Baird vom Team Alinghi. Im kleinen Finale besiegte er dann Ian Williams, den Führenden in der World Match Racing Tour mit 2:0 und gewann den dritten Platz bei dieser toppbesetzten Veranstaltungen. Unter anderem waren auch Chris Dickson von BMW Oracle, Ainslie vom Emirates Team New Zealand, Holmberg von Alinghi, Cian vom Team Shosholoza und Peter Gilmore am Start. Jesper kümmert sich jetzt wieder um die Optimierung der GER 89 vor Ort in Valencia. Und wenn ich mir das Wetter hier anschaue, war das bestimmt keine schlechte Entscheidung von ihm. MP: Letzte Woche hatten wir noch 31 Grad in Spanien, da war das Segeln deutlich angenehmer als gestern und heute auf dem Wannsee. SA: Was sind die ersten Erfahrung mit der neuen Yacht, wie waren die Rennen gegen die AC-Team von Shosholoza und Areva Challenge? M.P,: Das neue Boot ist bisher noch in keinem Trainingsrennen gegen ein anderes AC-Team angetreten. Bei diesen Rennen wurde immer GER 72 gesegelt. In den teaminternen Optimierungsfahrten gegen GER 72 hat GER 89 gezeigt, dass es ein schnelles Boot mit einem großen Potential ist. Jetzt arbeiten wir an der Optimierung der neuen Yacht, um sie so schnell wie möglich zu machen. SA: Bringen diese Versuchsfahrten UITG weiter? Ist das nicht wie ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen? M.P..: Nein, wir haben eine Unmenge Daten von der GER 72 und können diese ins Verhältnis zu den Segelleistungen von GER 89 setzen. Das ist zwar nicht ganz so einfach wie mit einem zweiten, gleichwertigen Schiff, aber die Daten zeigen uns eindeutig, um wieviel schneller GER 89 ist. SA: Ende September hat GER 72 bei Trainingsrennen ihren Mast verloren. Lag es am Vorstag, das bereits bei eurem Auftritt in Kiel gebrochen ist? M.P.: Nein, daran lag es nicht. Das Vorstag wurde nach Kiel ausgetauscht, das hat gehalten. Der Mast ist an der Kreuz ohne Vorwarnung ca. 7 Meter über Deck gebrochen. Beim Aufprall auf Wasser zerbrach der Rest in 2 Teile und versank im Meer. SA: Was war der Grund für den Bruch? M.P.: Das wissen wir noch nicht. Der Mast liegt auf ca. 40 m Tiefe und konnte trotz des Einsatzes von Tauchern noch nicht geborgen werden. Auf GER 72 wurde ein anderer, älterer Mast gestellt und nach 2 Tagen haben wir unsere Trainingswettfahrten gegen Mascalzone und Shosholoza wieder aufgenommen. SA: Was ist die Planung von UITG für den Rest des Jahres? Michael Scheeren: Wir werden mit der Optimierung von GER 89 weitermachen und versuchen, das Manko auszugleichen, dass wir durch den alten Mast auf der GER 72 haben. Viele unserer Daten stammen von GER 72 in der Kombination mit dem zerbrochenen Mast, das macht es jetzt etwas umständlicher für uns. Im Dezember werden wir den Betrieb in Spanien dann runterfahren, die Teammitglieder werden Weihnachten und Neujahr Gelegenheit haben, Urlaub mit Ihren Familien zu machen. Mitte Januar sind wir dann wieder alle vor Ort und werden uns auf den Louis-Vitton-Cup vorbereiten. SA: Herr Scheeren, Herr Paschen, Hr. Dauris, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen und UITG alles Gute und viel Erfolg vor Valencia im neuen Jahr. |