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Unter 4  Brücken musst du segeln...

Photocoypright: Hans Genthe, www.stockmaritime.com

09.06.2008 - Fyn Rundt zählt in Dänemark zu den interessantesten und populärsten Yacht-Rennen. Vor der Spaltung des Rennens in mittlerweile zwei sehr beliebte Regatten, den Fyn Cup und das Classic Fyn Rundt, in den 80ern und 90ern kamen stets mehr als 500 Boote zur Hatz um die dänische Insel. Nachdem am Wochenende zuvor schon beim Fyn Cup um die 150 Boote von Odense rund um die zweitgrößte Insel Dänemarks regattierten, kamen auch dieses Wochenende 157 Boote nach Kerteminde zum klassischen Fyn Rundt.

Dass dabei die Popularität in Dänemark trotz der Spaltung keinerlei Abbruch genommen hat, beweisen dabei aber die vielen Zuschauer, das rege Interesse der dänischen Medien und auch die immer währenden Nachfragen der Bevölkerung. Gleichzeitig wird der hohe Anspruch der Veranstaltung durch die professionelle und sehr freundliche Wettfahrtleitung unterstrichen. Neben dem landschaftlichen Reiz spricht vor allem das anspruchsvolle Revier, dass von küstennahen Offshoresegeln bis zum durch Binnenkanal artige Fjorde und Sunde halsen, alles bietet, für eine Meldung zu dem Rennen.

Das Team Guts´n Glory nutzte in diesem Jahr die Chance, um ihre neue Rogers 46 nach nur vier Trainingstagen mit Thomas Jungblut und Christian Hamma von North Sails und einer kurzen Überführung von Kiel einem ersten Leistungstest zu unterziehen. Dass der schwarze Hecht dabei im Karpfenteich nicht alleine ums Futter schwirren musste, bestätigte ein Blick in die Meldeliste. Neben den ortstypischen und sehr gut gesegelten X-Yachten wie z.B. der IMX40 vom Team Exabyte oder verschiedenen neueren Designs wie X43 oder X41, hatte sich auch das dänische Mazda Sailing Team mit ihrer Farr40 (Ex Nerone) von Kopenhagen nach Kerteminde verholt. Zur großen Freude des Teams um Christopher Wuttke konnte die neue Rogers dabei neben den Line Honors auch noch den berechneten Klassensieg und nach einer langen, erwartungsvollen Nacht im Hafen auch den Gesamtsieg nach berechneter Zeit einfahren.

Photocoypright: Hans Genthe, www.stockmaritime.com

Fast live von der mit Anarchisten beladenen Rogers hier nun der Bericht: Nach einem etwas hektischem Vorstart mit einer kurzen Grundberührung, gingen wir mit der letzten Startgruppe um 13 Uhr über die Linie und durften als hetzender Hund das Feld von hinten aufrollen. Schon beim ersten Schlag zur gerade mal 2 Kabel vor der Linie liegenden Luvtonne in 2-4 Knoten Wind, gelang es uns mit einem weiten Schlag über die linke Layline als erstes Boot unserer Startgruppe am Luvfass nach Norden abzubiegen. Hans Genthe von Stock Maritime hatte kurzfristig als Taktiker zugesagt und brachte jede Menge Fyn-Rundt-Know-How mit an Bord. Entsprechend ging es im Asso-Stil an eine 10sm Kreuz, auf der nach Ansage vom Achterstag jeder kleine Dreher maximal ausgewendet wurde. Schon zwischen Romsö und Fyn hatten wir die beiden vor uns gestarteten Gruppen einholt. Auch die bis daher dicht am Heck hängende IMX 40 Exabyte hatte den Weg unter Land gesucht, während die Farr 40 hier schon durch einen weiten Holeschlag raus nach Romsö an Meilen verloren hatte. Mit perfektem Targetspeed verlor aber auch die IMX weiter an Boden, sodass nach ca. einer Stunde bei einem Anlieger Richtung Fyns Hoved im Norden nur noch wenige Boot vor uns am Horizont lagen. Die um 12 Uhr vor uns gestarte X562, die in der Doublehand-Divison (!) gestartet war, hatte da schon unter Spi die rote Fahrwasser-Tonne gerundet.

Photocoypright: Hans Genthe, www.stockmaritime.com

Direkt nach Erreichen der Bahnmarke konnten wir auf unseren neuen North A2Code wechseln, der uns mit 205 m²  nach Westen jagen ließ. Der Boatsspeed schnellte auch gleich um 3 Zähler auf knapp 10-11 Knoten hoch.  Mit dem raumenden und schwächer werden Wind stellte sich für uns aber auch das Problem, dass wir vom Jagdhund plötzlich zum hakenschlagenden Hasen mutierten. Konnten sich die konventionelleren Designs schön mit dem Spi nach unten lutschen lassen, donnerten wir mit unzähligen Halsen im Zickzack gen Fredericia. In Höhe Julsminde queren wir dann zum ersten Mal den Bug der führenden X562. Neben dem Jubel und der Freude wird aber auch schnell klar, dass mit der frisch eroberten Führung besonnen umgegangen werden muss. Zu unserer Freude können wir bei jeder Peilung nach einer Halse feststellen, dass wir den Vorsprung ausbauen. In der Ansteuerung auf Middelfahrt zeigt sich dann erneut die Routine und Erfahrung unseres Taktikers, der mit jeder Halse die gefährlichen und starken Strombarrieren umfährt und uns penibel aus den Abdeckungen heraus hält. Weiter mit A2 queren wir die erste große Brücke und biegen mit der ersten Boe dann nach rechts ab in die Ansteuerung auf die direkt folgende Brücke und Hochspannungsleitung. Für die Crew-Mitlgieder, die schon 2006 auf der alten DK 46 dabei waren, ein magischer Moment. Anstelle von vier Stunden ankern im Gegenstrom können wir im drehenden, aber schwachen Wind mit dem A2 hoch an den Wind ran und drücken uns auch noch an der letzten Engstelle durch, um dann in ein Inselparadies abzufallen. Zu unserer Freude haben wir dabei unsere beiden direkten Verfolger weiter aus den Augen verloren. Wie wir erst später erfahren, hat sich hier zum zweiten Mal für das Hauptfeld die Tür geschlossen. Und wir hatten das immense Glück, dass wir noch knapp durchschlüpfen konnten. Hinter Faeno wechseln wir im noch schwachen, aber immer vorlicher kommenden Wind, auf unseren nagelneuen 170 qm Code Zero und rauschen plötzlich mit 7-9 Knoten in die nahende Nacht und durch die berühmte dänische Südsee. Hier wurde schnell klar, wo die Vorzüge der leichten und agilen Rogers im Vergleich zur alten DK liegen. Das Boot springt auf dem Downwind deutlich besser an und ist sehr viel agiler. Hinter Lyö verringern wir Nachts dann die Segelfläche und gehen auf die Light, weil der weiter stets vorlicher kommende Wind uns auf einen knappen Anlieger nach Svendborg bringt, der immer von kurzen Holeschlägen unterbrochen wird. Die Einfahrt in den Sund bleibt wieder Erwarten einfach: Trotz der Strömung können wir noch das enge Fahrwasser mit einer Unzahl an Wenden hinter uns bringen und kreuzen kurz nach Sonnenaufgang um vier Uhr morgens die Brücke.

Photocoypright: Hans Genthe, www.stockmaritime.com

Aber der Blick nach Achtern verdeutlicht uns die Brisanz unserer Lage. Dachten wir bislang, dass uns die weniger entfernt vermuteten Konkurrenten stärker unter Druck setzen werden, müssen wir nun feststellen, dass westlich der Sundbrücke das Wasser spiegelglatt ist, während die grüne und und scheinbar unerreichbare Fahrwassertonne direkt vor uns vom Strom umgerissen wird. Unsere Logge murmelt uns dabei etwas von 3,5 Knoten Fahrt vor, aber das nahe Land beweist  die Täuschung: Absolut kein Vorankommen! Direkt vor der Kurve steht der neue Wind, aber der Strom setzt uns unbarmherzig zurück Richtung Brücke. Wende um Wende probieren wir unser Glück, treiben aber chancenlos quer. Dazu bekommen wir in den Wenden die oberste Topp-Latte nicht mehr durch den Wind, was das Anfahren fast unmöglich macht. Erst mit unserem Foredecker im Mast schaffen wir es nach 60 Minuten und dem zaghaften Einsetzen von Kräuseln im Wasser wieder etwas Druck ins Boot zu bekommen. Mit einem extremen Schlag in den Svendborger Hafen - zwischen den ins Wasser betonierten Festmacherklötzen und dichten Manövern in sprichwörtlicher Griffnähe zur Spundwand - kommen wir endlich um die Kurve und kämpfen uns mit Hilfe des Code Zero weiter durch den Strom frei.

Hinter Tronsoe hat uns das freie Wasser wieder und der auffrischende Wind schickt uns auf eine lange Kreuz zurück in den großen Belt.  Kurz nach halb elf queren wir endlich die Große Belt Brücke und können mit Jib-Top und dem passenden Staysail im Doubleheadmode auf Kerteminde abfallen. Nach mehr als 22 Stunden kommen wir ins Ziel, während große Teile des Feldes noch nicht einmal Middelfahrt erreicht hatte.

Photocredit: Fyn Rundt Regatta
Photocredit: Fyn Rundt Regatta

7 Stunden nach uns kreuzt die Farr 40  „Mazda“ die Linie, die von einer feiernden GnG-Crew mit Bier am Steg begrüßt wird. Der Dank der GnG Crew geht an die  nette Wettfahrtleitung für den tollen Empfang und die super Betreuung vor Ort. Ebenso wollen wir die Gelegenheit nutzen, uns bei unseren Sponsoren und Helfern bedanken, dank derer wir so kurz nach Bootsanlieferung in Kiel die Möglichkeit hatten, ein für die Teilnehmer unvergessliches Rennen zu fahren.

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