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Nun steht es nur noch 6:5 …

Zum fünfzehnten Mal in Folge fand am ersten Wochenende im November das Berlin Match Race statt, die älteste Segelveranstaltung nach dem Match Race Modus in Deutschland, das international als “Grade 2” eingestuft ist. Veranstalter waren der soeben zum “Verein des Jahres” gekürte Verein Seglerhaus am Wannsee und der Berliner Yacht-Club. Auch in diesem Jahr konnten die Veranstalter ein Feld mit internationaler Topbesetzung mit 12 Mannschaften aus sieben Nationen präsentieren, darunter so bekannte Namen wie Jochen Schümann (GER, AC Team Alinghi (SUI)), Jens Gram-Hansen (DEN, AC Team Mascalzone (ITA)), Ian Ainslie (RSA, AC Team Shosholosa (RSA) und Jesper Radich (DEN, AC Team Desafio (SPA)). Für das deutsche AC-Team United Internet war Michael Hestbaek (DEN) am Start und für das italienische Luna Rossa – Team segelte Philippe Presti (FRA). Vervollständigt wurde die Liste durch Mathieu Richard (FRA), Ian Williams (GBR), Evgenyi Neugodnikow (RUS), Matteo Simoncello (ITA), sowie durch die deutschen Teilnehmer Markus Wieser und Stefan Meister.BMR-Hafen

Gesegelt wird das seit 1992 ausgetragene Berlin Match Race auf H-Booten, die wie in jedem Jahr wieder von der Berliner Flotte gestellt wurden. Für Gäste und Zuschauer standen Begleitschiffe zur Verfügungen, an die an Land gebliebenen gab es eine Videoübertragung der Rennen vom Wasser mit Orginalton von den Booten, die von Christoph Schumann fachgerecht kommentiert wurde.

In der Vergangenheit des Berlin Match Race konnte sich der Vorjahressieger Jochen Schümann bereits sechsmal in die Gewinnerliste eintragen. Markus Wieser, seit neuestem auch Mitglied im VSaW, stand schon viermal ganz oben auf dem Treppchen. Jesper Radich hat es dagegen erst einmal geschafft. Die Wunschpaarung der beiden Deutschen stand damit schon bei der Pressekonferenz am Beginn der Veranstaltung fest. Beide erhofften sich, im Finale gegeneinander antreten zu können. Für das deutsche AC-Team mit dem dänischen Skipper Michael Hestbaek stand dagegen das Sammeln von Erfahrung im Vordergrund. Hier stapelte man tief und erhoffte sich nur den Einzug in die zweite Runde.

Pikanterweise ergab die Auslosung für die Qualifikationsrunden, dass die drei deutschen Skipper im Round Robin 1 aufeinander treffen würden, während die drei dänischen Steuerleute ins Round Robin 2 gelost wurden. Jeweils die ersten drei Gruppenplätze berechtigten zur Teilnahme am Round Robin 3. Bei eisigen Temperaturen, aber strahlendem Sonnenschein und leichtem bis mittlerem Wind erledigten die drei deutschen Skipper am Freitag souverän ihre Aufgaben und zogen damit in die Zwischenrunde (Round Robin 3) ein. Aus der zweiten Vorrunde qualifizierten sich die beiden Dänen Jesper Radich und Jens Gram-Hansen, sowie der Franzose Mathieu Richard. Für das deutsche AC-Team erfüllte sich die Hoffung auf eine Teilnahme in der zweiten Runde dagegen nicht. BMR-VSaW

Am Sonnabend begann dann der Berliner November sein wahres Gesicht zu zeigen. Es wurde grau und trübe und der Wind frischte gegenüber dem Vortag etwa auf. Trotzdem fanden sich mehr als tausend Zuschauer auf Motorbooten und den beiden vom Veranstalter gecharterten Ausflugsdampfern ein, um dem Rennen aus nächster Nähe zu folgen. Im Round Robin 3 gab es dann aber auch schon die ersten Überraschungen. Markus Wieser unterlag Jens Gram-Hansen durch einen Penalty und Jesper Radich verschlief seinen Start im Duell gegen Jochen Schümann. Stefan Meister, Clubkamerad von Jochen Schümann, bezwang nach anfänglichem Rückstand den Weltranglistensechsten Mathieu Richard, musste sich danach aber Jochen Schümann geschlagen geben. Markus Wieser revanchiert sich anschließend für seine Niederlage gegen Jochen Schümann aus der ersten Runde. Im letzten Rennen des Tages unterliegt Schümann Richard, da auf Schümanns Boot das Großfall gebrochen war und ihn zur Aufgabe zwang. Im Endeffekt kamen Gram-Hansen, Radich, Wieser und Schümann ins Finale.BMR-kFinal

Das Berliner Novemberwetter hatte sich das “Beste” für den Sonntag aufgespart. Es war weiterhin grau und neblig trüb. Dazu regnete es unaufhörlich und es wehte mit vier bis fünf Windstärken, wobei die Böen zum Teile gute sechs erreichten – Wetter, bei dem man normalerweise keinen Hund vor die Tür jagt und sicher kein optimales Fotografierwetter. Trotzdem waren die Begleitboot wieder bis auf den letzten Platz gefüllt, wenn sich auch der Andrang privater Motorboot in Grenzen hielt.

Im Semifinale durfte sich der Punktbeste aus Round Robin 3, Markus Wieser, seinen Gegner aussuchen. Er wählt den Dänen Jens Gram-Hansen, so dass Jochen Schümann gegen Jesper Radich antreten musste. Sollte das gewünschte Traumfinale tatsächlich zustande kommen? Da das Semifinale im Modus “Best of Three” ausgetragen wurde, stand die Antwort auf diese Frage recht schnell fest. Beide deutschen Skipper ließen ihren Gegnern keine Chance und siegten jeweils 2:0.

Auch das kleine, rein dänische Finale wurde im Modus “Best of Three” ausgetragen. Diesmal bedurfte es aber des dritten Laufes, um den Sieger zu ermitteln. Diesen entscheidenden Lauf konnte Jesper Radich nach hartem Kampf für sich gewinnen und errang somit den dritten Platz im 15. Berlin Match Race.

BMR-WS1Das große Finale, nun im Modus “Best of Five”, entwickelte sich zum einem Segelkrimi. Im ersten Lauf siegte Markus Wieser überlegen nach einem taktischen Fehler von Jochen Schümann. Auch der zweite Lauf sah zunächst nach einer klaren Angelegenheit für Markus Wieser aus. Er führte bereits mit deutlichem Vorsprung, als Jochen Schümann auf der zweiten Kreuz den verlorenen Boden gut machen und Wieser überholen konnte. Dieser lies sich aber nicht irritieren und konnte auf dem letzten Spinnakergang wieder an Schümann vorbeiziehen und gewann den zweiten Lauf, wenn auch “nur” mit etwa einem Meter Vorsprung.BMR-WS3

Im dritten Lauf hatte Schümann bei etwas abflauendem Wind zunächst die Nase vorn, blieb dann aber in einem Windloch hängen, so dass sein Vorteil weg war. Wieser, der unter Spinnaker deutlich schneller zu sein schien als Schümann, überholt diesen auf der Vorwindstrecke und konnte seinen Vorsprung bis ins Ziel verteidigen. Schümann ist 3:0 geschlagen. Pikanterweise gelang Markus Wieser dieser Coup mit Gunnar Bahr und Ingo Borkowski an Bord, der alten Olympiacrew von Jochen Schümann. Damit steht es in der imaginären Gesamtwertung des Berlin Match Race nur noch 6:5 für Jochen Schümann.

Nach dem Rennen kommentiert Markus Wieser seinen Erfolg mit den Worten: “Im zweiten Rennen stand alles auf der Kippe. Hätte Schümann dieses Rennen für sich entscheiden können, wäre das Gesamtergebnis wohl anders ausgefallen”.Wieser-Pokal Diese Worte zeigen sicherlich besser als alles andere, wie knapp die vermeintlich klare 3:0 Entscheidung in Wirklichkeit war.

Herzlichen Glückwunsch an Markus Wieser und seine Crew zu dem großen Erfolg, aber auch herzlichen Glückwunsch an alle anderen Crews, die an drei Tage großen Segelsport in Berlin gezeigt haben.

Ein nicht minder herzliches Dankeschön geht an Herrn Klaus Müller vom VSaW, über den ich von einem Motorboot aus den Finaltag hautnah miterleben konnte und nicht zuletzt auch an Helen Fischer vom Berliner Yachtclub, die mich und meine Fotoausrüstung sicher über den z T. ziemlich aufgewühlten Wannsee geskippert hat.

Dr. Joachim Pelka

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